Ein Kollaborateur der Menschlichkeit

Zum vierten Mal wird der Helmut-Frenz-Preis vergeben. Ausgezeichnet wird, wer gegen Ungerechtigkeit kämpft. Wie der Namensgeber des Preises.

Sein Leben lang setzte sich Helmut Frenz – hier im Januar 2001 – für Menschenrechte ein
Sein Leben lang setzte sich Helmut Frenz – hier im Januar 2001 – für Menschenrechte einStephan Wallocha / epd

Hamburg. „Helmut Frenz hat der Menschlichkeit ein mutiges Beispiel gegeben“, so Hansjürgen Menzel-Prachner, Vorsitzender des Ida-Eher-Kulturvereins. „Er steht exemplarisch für einen Menschen, der der Menschlichkeit ein Gesicht gibt“, sagt Helmut Kirst, Pastor der Kirchengemeinde in Eimsbüttel. Wer mit Menschen spricht, die Helmut Frenz begegnet sind, dem wird schnell klar: Frenz war eine außergewöhnliche Person. Jemand, der Menschen zusammenbringen und begeistern konnte, mit einer Haltung, die auch gegen Widerstände bestand hatte.

2013 haben Menzel-Prachner, Bischöfin Kirsten Fehrs und Fanny Dethloff, die ehemalige Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, zusammen mit der Kirchengemeinde den Helmut-Frenz-Preis ins Leben gerufen. Alle zwei Jahre wird der mit 3000 Euro dotierte Preis seither an Menschen, die sich „mit Mut und Tatkraft für Menschlichkeit in unserer Gesellschaft auch gegen Widerstände einsetzen“, vergeben, erklärt der Kulturverein.

In Chile zum Bischof ernannt

Frenz ging 1965 als Seelsorger nach Chile, wurde 1970 zum Bischof ernannt. Unter der Pinochet-Diktatur setzte er sich für Gefolterte ein, half Flüchtlingen außer Landes zu kommen. Bis er selbst des Landes verwiesen wurde. Dann leitete er bis 1986 als Generalsekretär die deutsche Sektion von Amnesty International. Im Anschluss war er Gemeindepastor in Norderstedt und Flüchtlingsbeauftragter der damaligen Nordelbischen Kirche.

„Beeindruckende Haltung“

„Seine Haltung, sich auch gegen Widerstände für hilfebedürftige Menschen einzusetzen, hat mich beeindruckt“, sagt Margrit Sierts. Bis 2019 war sie Pastorin an der Apostelkirche in Eimsbüttel und arbeitete als Harburger Flüchtlingsbeauftragte häufig mit Frenz zusammen. Inzwischen ist sie Notfallseelsorgerin im Kirchenkreis Hamburg Ost/Südholstein. Denn: Der Einsatz für schwache Menschen in der Gesellschaft sei ja nichts Neues in der Kirche. Dies aber gegen staatliche und gesellschaftliche Widerstände zu tun – „das wünsche ich mir auch von meiner Kirche. Das setzt eine Reflexion voraus, um entsprechendem Widerstand auch mit Haltung zu begegnen“, so Sierts.

„Für ihn standen die Menschenrechte an oberster Stelle“, sagt Menzel-Prachner. Er war ein Wegbegleiter von Frenz und Impulsgeber für den Preis. Das erste Mal sei er ihm 1973 bei einem Vortrag begegnet. Später seien sie Freunde geworden. Bis zum Schluss. Helmut Frenz starb 2011.

Sein Gedanke lebt weiter

So war Frenz auch im Beirat des Ida-Ehre-Kulturvereins und als Eimsbüttler im Ruhestand immer wieder in der dortigen Apostelkirche zu Gast. Ihn hätten die Modernität der Kirche mit ihrem Forum als Ort der Begegnung, aber auch das ethische Verständnis der Kirche angezogen, erzählt Kirst. Denn entgegen der Erwartungen sind es nicht die zwölf biblischen Apostel, die dem Besucher an den hohen Fenstern im Altarraum des Gotteshauses entgegen blicken, sondern Porträts von Männern und Frauen wie Sophie Scholl, Oscar Romeo, Ernst Barlach, Martin Luther King oder Dorothy Day. „Moderne Apostel“ des 20. Jahrhunderts, die für Menschenrechte und Menschlichkeit stehen – auch gegen Widerstände. So wie Helmut Frenz. Seine Gedenktafel hängt seit 2012 auf dem Weg in den Altarraum.

Auch sein Gedanke lebt in der Gemeinde weiter – zum Beispiel 2015, als die Gemeinde viele Menschen aufnahm. „Flüchtlinge, politisch Verfolgte und Folteropfer begleiten mich seit fünf Jahrzehnten auf meinem Lebensweg. Sie öffnen mir die Augen, sie schärfen mein Gewissen: Sie bewegen mich – und dies in einem doppelten Wortsinn; sie bewegen mein Herz und setzen mich gleichzeitig in Marsch gegen Unrecht und Unmenschlichkeit“, schreibt Frenz 2010 in seinen Erinnerungen. Und weiter: „Ich weiche nicht zurück. Jesus Christus fordert uns auf, Kollaborateure der Menschlichkeit zu sein. Davor dürfen wir uns nicht drücken.“

Was ihn heute bewegen würde

Dies bewegte auch die bisherigen Preisträger. Das waren beispielsweise 2014 die St.-Pauli-Pastoren, die in ihrer Gemeinde 2013 etwa 80 Lampedusa-Flüchtlinge aufnahmen und später eine Vater-Kind-Gruppe aus der JVA Billwerder. „Mit dem Preis soll nicht nur die Zivilcourage der ausgezeichneten Menschen gewürdigt, sondern die gesamte Gesellschaft für das Thema Menschenrechte sensibilisiert werden“, so Pastor Helmut Kirst.

Und welches Thema würde Helmut Frenz heute bewegen? „Ich glaube, das Thema Seenotrettung und die unsägliche Situation zum Beispiel auf Lesbos wäre ihm heute sehr wichtig gewesen“, so Menzel-Prachner. „Und der Rechtsradikalismus, der sich in Deutschland immer weiter ausbreitet“, sagt Margrit Sierts.

Info
Vorschläge für Preisträger können noch bis zum 8. Oktober per E-Mail an i.ehre@menzelprachner.de eingereicht werden. Weitere Informationen gibt die Kirchengemeinde Eimsbüttel hier.