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Ein Jahr Trump – zwei Päpste – Vom Konflikt zur kalkulierten Ruhe

Ein Jahr nach Trumps Wahlsieg sehen Experten eine neue Dynamik zwischen Vatikan und USA. Leo XIV., selbst Amerikaner, zeigt sich konservativ, aber diplomatisch – und vermeidet die offenen Konflikte seines Vorgängers.

Ein Jahr nach Donald Trumps Wiederwahl gestaltet sich das Verhältnis zwischen den USA und dem Vatikan deutlich ruhiger als zu Beginn der Amtszeit von Papst Franziskus. Zu diesem Ergebnis kommen Beobachter im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

“Das Verhältnis zwischen Trump und Franziskus war sehr schwierig – sachlich wie persönlich”, findet der Eichstätter Theologe Benjamin Dahlke. Franziskus habe gegenüber dem damaligen Präsidenten “geradezu eine Animosität” gezeigt. Papst Leo XIV. trete dagegen “zurückhaltender und kontrollierter” auf, so Dahlke. Sichtbare Spannungen seien daher nicht zu erwarten. Dass Vizepräsident J.D. Vance, selbst Katholik, an der Amtseinführung von Leo XIV. teilnahm, habe zusätzlich bei der Entspannung geholfen.

Der Kirchenhistoriker Massimo Faggioli erinnert daran, dass Franziskus “bis zuletzt kritisch zu verschiedenen Aspekten der US-amerikanischen politischen und religiösen Kultur” Stellung genommen habe – besonders im Streit mit Vance über etwaige Abstufungen von Nächstenliebe und Migration.

Leo XIV. dagegen habe bisher “deutliche indirekte Botschaften” zur Lage in den USA gesendet, so Faggioli. Der Theologe geht davon aus, dass Leo hoffe, dass die US-Bischöfe selbst Verantwortung übernehmen. Eine wichtige Weichenstellung für das Verhältnis der US-Bischöfe zum neuen Papst sieht Faggioli in der anstehenden Wahl des Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz.

Auch der österreichische Religionswissenschaftler Andreas Weiß sieht einen klaren Wandel. Franziskus und Trump seien “beide für ihre spontane, teilweise plakative Rhetorik” bekannt gewesen und hätten “völlig unterschiedliche Gruppen” in den USA angesprochen: “Trump konnte Franziskus deshalb auch als eine negative Projektionsfläche nutzen.” Bei Leo XIV. sei das anders: Der neue Papst sei Amerikaner und in vielen Fragen konservativ, bilde also “innerhalb der US-Kirche keinen so starken Gegenpol” wie Franziskus.