Ein Gottesdienst an Bord

Das Leben auf modernen Containerschiffen ist hart. Die Seemannsmission kümmert sich um die Sorgen und Nöte der Besatzungen. Ein Besuch zum „Sea Sunday“ am Sonntag, 14. Juli.

Monica Döring (r.), Leiterin der katholischen Seemannsmission Stella Maris, spricht mit Besatzungsmitgliedern
Monica Döring (r.), Leiterin der katholischen Seemannsmission Stella Maris, spricht mit BesatzungsmitgliedernMichael Althaus / KNA

Hamburg. Vor der meterhohen Bordwand des Kohlefrachters „Puplinge“ im Hamburger Hafen wirkt Monica Döring winzig wie eine Ameise. Zwei provisorisch zusammengebastelte Leitern führen auf das Deck des mehr als 200 Meter langen Schiffs. Vorsichtig klettert sie mit Helm und Sicherheitsschuhen über die wackelige Konstruktion nach oben. Ein Seemann bittet sie, sich in das Bordbuch einzutragen, und führt sie ins Innere.

Wenn die Leiterin der katholischen Seemannsmission „Stella Maris“ im Hamburger Hafen zu Schiffsbesuchen aufbricht, dann ist das immer ein kleines Abenteuer. Die 52-Jährige weiß nicht, was sie erwartet, auf wen sie trifft und ob sie willkommen ist. Abgewiesen wird sie jedoch in den seltensten Fällen. Im Gegenteil: Meist empfangen sie die Seeleute mit offenen Armen. „Sie freuen sich in der Regel über jeden Kontakt von außen“, sagt Döring.

So auch die Männer auf der „Puplinge“. Im Mannschaftsraum begrüßt der Kapitän die Seelsorgerin. Er ist ebenso wie der Rest der Crew Filipino und spricht Englisch. Als er hört, dass Döring von der katholischen Kirche kommt, ist er begeistert und fragt, ob sie einen Gottesdienst an Bord organisieren könne. „Wir brechen zwar schon morgen auf nach Murmansk. Aber danach kommen wir zurück und könnten eine Messe feiern“, schlägt er vor. Döring verspricht, mit dem Seemannspastor darüber zu sprechen. Etwa vier bis fünf Mal im Jahr feiert der Seemannspastor Gottesdienste an Bord der Schiffe. Zuletzt wurde er gerufen, als es einen Todesfall auf einem der Frachter gab.

Herz ausgeschüttet

Döring und ihr Team, zu dem neben dem Priester einige Ehrenamtler gehören, verstehen sich in erster Linie als Zuhörer und Dienstleister. „Wir sind für alle Seeleute im Hamburger Hafen da – unabhängig von Nationalität und Religion.“ Bei Bedarf fahren sie Crewmitglieder in die Stadt oder besorgen Kleinigkeiten wie Handykarten. Sonntags bieten sie einen Shuttle zum Gottesdienst in der philippinischen Gemeinde an.

Die Mannschaftsmitglieder auf den Containerschiffen stammen meist von den Philippinen, manche auch aus China, Indien oder arabischen Ländern. Kapitän und Offiziere sind dagegen oft Russen oder Ukrainer.

Auf dem Deck haben sich inzwischen mehrere Filipinos versammelt. Keiner von ihnen ist älter als 40 Jahre, die meisten wohl eher Anfang 20. Die Besatzungen nutzen gerne die Gelegenheit, der Seelsorgerin ihr Herz auszuschütten. Themen sind die harten Arbeitsbedingungen und die schlechte Bezahlung an Bord.

Und natürlich das Heimweh: Die Seeleute haben in der Regel Verträge über mindestens sechs Monate. „Immer wieder gibt es Seeleute, die ihr eigenes Kind noch nicht gesehen haben“, berichtet Döring. Um die Arbeit der Seeleute und das Schicksal ihrer Familien zu würdigen, haben die Kirchen den zweiten Sonntag im Juli, also in diesem Jahr den 14. Juli, als „Sea Sunday“ ausgerufen.

„Kommen Sie bald wieder!“

Die katholische Seemannsmission „Stella Maris“ ist eine von vier großen Seemannsmissionen im Hamburger Hafen. Sie wurde 1933 gegründet und bezog nach dem Krieg zunächst ein Haus nahe den Landungsbrücken. Es bot den Seeleuten in erster Linie Schlafplätze in zentraler Lage – ideal, um in der Hamburger Innenstadt einkaufen oder feiern zu gehen.

Als Döring nach einiger Zeit die „Puplinge“ verlässt, wirkt sie nachdenklich. „Ich finde es immer wieder bewegend, wenn mich die Mannschaften teilhaben lassen an ihren Sorgen und ihrem Familienleben“, sagt sie. Die Seeleute winken ihr nach: „Kommen Sie bald wieder!“ (KNA)