Dieser Theologe arbeitet heute als Öko-Goldschmied

Hamburg. Eigentlich wollte er Priester werden. Doch nach dem Studium entschied sich Thomas Becker anders: Er lernte Goldschmied und verkauft heute in seinem Laden Schmuck aus fair gehandeltem Material – der nur einen Nachteil hat.

Die Umwelt lag ihm schon früh am Herzen. Als Jugendlicher war Thomas Becker stets dabei, wenn in seiner Kirchengemeinde eine Altpapier-Aktion anstand. Heutzutage sind solche Aktionen nicht mehr nötig, weil an jeder Ecke ein Container für Altpapier steht. Die Vorliebe für Umweltschutz hat Thomas Becker sich jedoch bis heute bewahrt, auch in seinem Beruf. Der Goldschmied verkauft Schmuck, der aus fair gehandeltem Material besteht. „Der normale Bergbau verursacht oft große soziale und ökologische Schäden“, sagt Becker.
Neben der Natur müsse auch die Bevölkerung leiden, die oft vertrieben werde, damit das wertvolle Material abgebaut werden könne. Deshalb kooperiert er mit Bergbauprojekten, wo Arbeitsbedingungen und Menschenrechte besser gewahrt werden als bei normalen Produktionen. Vor allem mit einem Projekt in Kolumbien arbeitet Becker zusammen, bei dem der Name Programm ist: Es heißt „Oro Verde“, übersetzt „Grünes Gold“, und ist auch für seinen ökologischen Einsatz ausgezeichnet worden, weil dort etwa auf den Einsatz von Zyanid und Quecksilber verzichtet wird.

Mit 27 Jahren in die Ausbildung

Zum Goldschmied ist Becker übrigens auf Umwegen geworden. Zunächst studierte er katholische Theologie, um Priester zu werden. Doch während der Praktika merkte er, dass er sich mit der Kirche als Institution nicht anfreunden konnte. Also schaute er sich nach seinem Diplom-Abschluss nach einem anderen Beruf um – und wurde fündig bei einer Bekannten, die als Goldschmiedin arbeitete. Er konnte ihr über die Schulter schauen und war von der Arbeit sofort begeistert. „Etwas ungewöhnlich“ sei es schon gewesen, mit 27 Jahren noch eine Ausbildung anzufangen. Aber er sei sich sicher gewesen, dass die Entscheidung richtig war. Denn als Jugendlicher hatte er nicht nur ein Faible für Umweltschutz, sondern werkelte und bastelte für sein Leben gern.
Seit Becker 1997 den Laden am Grindelhof eröffnet hat, legt er Wert darauf, dass die Materialien seines Schmucks möglichst umweltschonend hergestellt werden. Zu Anfang bat er Kunden vor allem darum, alten Schmuck mitzubringen, der zu Hause nur in der Schublade lag. Heute hat sich daraus ein wichtiger Geschäftszweig entwickelt: Viele Kunden lassen zum Beispiel Erbstücke einschmelzen. Dann machen Beckers Mitarbeiter aus alten Schmuckstücken mit einer offenen Flamme flüssiges Gold und schmieden neuen Schmuck. „Das ist für Kunden auch emotional wertvoll, weil Erbstücke weiterleben“, erläutert Thomas Becker.

Fairer Schmuck hat seinen Preis

Der Anteil der Kunden, die fair gehandelten Schmuck kaufen wollen, hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Mittlerweile liege er bei mehr als 50 Prozent, sagt Becker, der Obermeister der Gold- und Silberschmiede-Innung Hamburg ist. Der faire Schmuck hat allerdings für den Kunden einen Nachteil. In der Herstellung ist er etwa 25 Prozent teurer als handelsüblicher – und deshalb muss der Kunde auch für das fertige Produkt tiefer in die Tasche greifen.
Momentan herrscht bei Thomas Becker Hochsaison für Brautpaare, die sich ihre Ringe aussuchen und ebenfalls Wert auf fair gehandelten Schmuck legen. Erst neulich habe eine Braut in spe zu ihm gesagt: „Wie kann ich mein Glück mit einem Ring dokumentieren, wenn ich weiß, unter welchen Bedingungen er hergestellt worden ist.“