Diesen Pastor kann man ausleihen

Ein Pastor will nicht länger darauf warten, dass die Menschen in seine Kirche kommen. Steffen Paar aus Schleswig-Holstein geht lieber auf die Leute zu – und bietet dabei seine Arbeitskraft an.

Pastor Steffen Paar in Aktion
Pastor Steffen Paar in AktionHartmut Schulz

Sülfeld. Pastor Steffen Paars Arbeits- und Dienstkleidung ist nicht nur der Talar. Der 36-jährige Theologe bindet sich auch die Küchenschürze um oder schlüpft in den Blaumann, wenn er Menschen besucht in seiner Kirchengemeinde in Sülfeld im Kreis Segeberg und Umgebung. „Pastor to go – Leih‘ dir den Pastor“ heißt die Aktion. Dabei können sich die Leute den Pastor bis zu 90 Minuten „ausleihen“, wie er im Veranstaltungsflyer seiner Gemeinde ankündigt. Er kommt dann dahin, wo er gebraucht wird, mäht beispielsweise den Rasen oder geht einkaufen.
Dabei gibt es aber eine Bedingung: „Ich komme nur, wenn es während der oder nach getaner Arbeit ein Gespräch über Gott und die Welt gibt“, sagt Paar. Seit März 2015 ist er Gemeindepastor in Sülfeld. Er weiß, dass er beileibe nicht alle 2100 evangelischen Gemeindemitglieder persönlich kennenlernen kann. Und dass er nur einen kleinen Prozentsatz von ihnen im sonntäglichen Gottesdienst oder im Gemeindehaus antrifft, ist nicht nur für ihn, sondern für viele Kirchengemeinden Realität. Hinnehmen will Pastor Paar das aber nicht.

Raus aus der Komfortzone!

Wenn die Menschen nicht in die Kirche kommen, dann kommt der Pastor eben zu ihnen. Paar: „Ich muss raus aus der Komfortzone.“ So entstand seine Idee für „Pastor to go“ und die Veröffentlichung im Gemeindebrief. Ein weiterer Anlass ist das Reformationsjubiläum 2017. Auf das Volk zugehen sei ja auch Martin Luthers Devise gewesen, sagt Paar. Das Interesse bei den Menschen müsse geweckt werden. Bedingung: „Die Interessenten müssen sich melden.“ Weil es sich um Seelsorge handelt, bleiben die Menschen anonym, ihr Name wird nicht veröffentlicht. 
Einen älteren Mann aus Borstel sprach das offenbar an. Er berichtete, dass er den Pastor eingeladen hatte, „weil ich ihn noch nicht kannte und ich selbst nicht mehr in die Kirche gehen kann“. Beide kochten zusammen das Mittagessen und setzten sich dann an den gedeckten Tisch. „Er hat mich kennengelernt und wie ich die Kirche und Gott sehe. Das Essen hat vorzüglich geschmeckt – auch Männer können also kochen“, sagte der Senior. Paar weiß, dass es Alterseinsamkeit auch in seiner Gemeinde gibt: „Hier wurde sie für mich sichtbar.“

Kiinder begeistert vom Pastor

Lebhaft ging es bei einer Tagesmutter zu. Die Kinder lauschten den Klängen des vom Pastor gespielten Keyboards und seinen Geschichten. Ein Kind sagte danach: „Der Pastor soll morgen wiederkommen.“ Das wünscht sich wohl auch eine 45-jährige Frau aus Sülfeld, obwohl es zunächst „komisch war, mit dem Pastor das Auto zu waschen“. Sie berichtete: „Ich bin nicht in der Kirche und fand den Aufruf provozierend genug, darauf einzugehen.“ Bereut hat sie es nicht. „Mir tat es gut, über meinen Glauben reden zu können. Ob ich wieder in die Kirche eintrete, weiß ich noch nicht.“
Insgesamt sechs Besuche waren es im Dezember, drei im Januar. Paar weiß, dass er mit seinem Angebot einen eher kleinen Teil der Menschen in seiner Umgebung erreicht. Entmutigen kann ihn das aber nicht, sagt er und verweist auf die Aktion „Pastor am Markt“: In Sülfeld sitzt er auf dem Platz vor der Bank, in Grabau vor dem Dorfkrug und bietet im Frühsommer an einem Tag in der Woche Gespräche über Gott und die  Welt an.