Die Kunden sind zufrieden – auch wenn’s länger dauert

Der Name täuscht: Das Kieler „Pausenboot“ ist kein Boot, sondern ein Verkaufswagen. Hier bieten junge behinderte und nichtbehinderte Jugendliche Fischbrötchen und Bonbons an – und der Umsatz wird zur Nebensache.

Das Team vom "Pausenboot" (v.l.): Pastotrin Amei Schulze-Spiekermann, Jonas Raeth, Michael Feldmann und Clemens Stegemann
Das Team vom "Pausenboot" (v.l.): Pastotrin Amei Schulze-Spiekermann, Jonas Raeth, Michael Feldmann und Clemens StegemannHartmut Schulz / epd

Kiel. Wer Kunde beim "Pausenboot" am Segelhafen im Kieler Stadtteil Wellingdorf ist, muss Zeit mitbringen. Egal ob Heringe in Dijon-Senf, Räuchermakrele oder Buntes aus den großen Bonbongläsern – am dunkelgrünen Verkaufswagen geht es beschaulich zu. Hier arbeiten behinderte und nichtbehinderte Jugendliche gemeinsam.
Das "Pausenboot" ist ein umgebauter Bauwagen. Das Verkaufspersonal soll möglichst immer zur Hälfte aus behinderten und nichtbehinderten Mitarbeitern bestehen. Kunden sind Segler, Angler, Spaziergänger und Arbeiter vom benachbarten Seefischmarkt. Sie kommen gern vorbei und wissen, dass sie hier die Alltagshektik unterbrechen können. Ein Plausch ist erwünscht. Dazu gibt es im rollenden "Pausenboot" Schmelzkohlrabi mit Dipp oder Blauschimmelkäse mit Heidelbeeren.

Konfis hatten die Idee

Der 16-jährige Jonas angelt sinnig mit einer Zange die Weingummi-Fische aus dem Glas und füllt damit eine Papiertüte. "Das mache ich gern", sagt er. Dass Jonas mit seiner Behinderung länger als andere Verkäufer braucht, stört hier niemanden. Die Kunden merken, dass auch Menschen mit Einschränkungen gern aktiv sind und etwas leisten können.
Im Jahr 2010 wurde der Verein "Pausenboot" gegründet. Es waren Jugendliche mit und ohne Behinderungen, die nach ihrer Konfirmandenzeit in Kiel-Ellerbek bei Pastorin Amei Schulz-Spiekermann Lust hatten, sich weiterhin zu treffen. Sie wollten etwas auf die Beine stellen und begannen, auf Festen und Veranstaltungen Waffeln und Süßigkeiten gegen Spenden anzubieten. Das Konzept ging auf. Nicht nur die Kunden, auch Unterstützer wie die Stiftung Förde Sparkasse oder die Stiftung Gertrud sorgen jetzt dafür, dass das "Pausenboot" finanziell auf Kurs bleibt.
Der Einsatz am Kieler Ostufer zwei Tage in der Woche ist nur einer neben anderen. Für Feste kann das "Pausenboot" eigens angeheuert werden. Vorsitzende des Trägervereins ist Pastorin Schulze-Spiekermann, die mittlerweile im Ruhestand lebt. Gezogen wird der rollende Kiosk von einem alten VW-Passat-Kombi. Schulze-Spiekermann: "Dafür haben wir eine Sondergenehmigung."

Eigentlich wollten sie ein Boot kaufen

Der Name "Pausenboot" kommt daher, dass die jungen Menschen eigentlich ein Boot kaufen und als Verkaufsboot umrüsten wollten, erinnert sich Verkäufer Clemens Stegemann. Sie stellten aber schnell fest, dass ein Boot zu teuer für ihr Projekt ist.
Stolz sind die "Pausenboot"-Leute auf ihren Kräutergarten. Wenn ein Kunde seinen Brotaufstrich mit frischen Kräutern würzen will, kann er sich hier mit Petersilie und Schnittlauf aus dem Blumenkasten bedienen. Verarbeitet wird übrigens auch Fallobst. Dafür kommen die Pastorin und ihre Helfer auf Anfrage gern in die Gärten zum Sammeln. "Apfelsaft machen wir selbst", sagen sie stolz.