Die Krippe aus Torf ist ein echtes Kunstwerk

Krippen aus einem 2000 Jahre alten Material kommen aus Niedersachsen. Aus Torf schnitzt Karl-Heinz Brinkmann seine Kunstwerke. Warum besonders das Kamel Probleme macht. Von Jörg Nielsen

Künstler Karl-Heinz Brinkmann präsentiert seine Krippen aus Torf
Künstler Karl-Heinz Brinkmann präsentiert seine Krippen aus TorfJörg Nielsen / epd

Ramsloh/Kr. Cloppenburg (epd). Engel und Hirten, Könige und eine Krippe reihen sich auf der Werkbank von Karl-Heinz Brinkmann (61) auf. Der Saterfriese schnitzt Weihnachtskrippen aus einem ungewöhnlichen Material: "Das ist sogenannter Weißtorf, der hier im Emsland vor 2.000 Jahren, also zur Geburtszeit Jesu, entstanden ist", sagt er und weist auf ein dickes Stück des aus trockenen Mooren gestochenen Materials. Die im Gegensatz zu ihrem Namen tiefbraunen Torfsoden haben durchaus Ähnlichkeit mit einem großen Schwarzbrot. Doch sind die etwa 50 Zentimeter langen Blöcke erstaunlich leicht: Aufgrund seines Alters ist das Pflanzenmaterial sehr trocken und fest, wodurch es sich leicht bearbeiten lässt.
Brinkmann schnitzt die Krippen als Relief aus einem Stück. Damit das Kunstwerk etwas größer wird, klebt er zunächst drei Blöcke zusammen. Es folgt eine grobe Zeichnung mit einem Filzstift und dann die eigentliche Schnitzarbeit. Millimeterweise arbeitet sich Brinkmann mit seien scharf geschliffenen Messern und Stechbeiteln in das Torfstück ein. Nach und nach entstehen das Dach, Josef und Maria und natürlich auch das Jesuskind in der Futterkrippe.

Jede Krippe ist ein Unikat

"Keine Krippe gleicht der anderen", betont Brinkmann. Das liegt zum einen an der Handarbeit, zum anderen an der unterschiedlichen Färbung des Materials. Moore entstehen sehr langsam, erläutert er. Auf der Oberfläche wachsen Moose, die an ihrer Unterseite schon wieder verrotten und damit vertorfen. Pro Jahr wächst der Torf so etwa um einen Millimeter.  "Die verschiedenen Moose und Gräser sorgen dabei für unterschiedliche Färbungen."
Die Idee einer Torfkrippe stammt von Brinkmanns Bruder, der als Prokurist in einer Torfabbaufirma in der Region arbeitet. Der suchte nach einem originellen Weihnachtsgeschenk für seine Kunden. "Wir sind beide kreative Typen. Aber ich bin es, der die Ideen auch umsetzen muss", sagt Brinkmann mit einem Lachen. Das Lachen verging ihm, als ihm sein Bruder vor zwei Jahren nach dem ersten Prototyp eröffnete, dass er nun 50 solcher Krippen benötige.
Brinkmann ist Hobbykünstler. Zum Broterwerb arbeitet er als Zivilangestellter bei der Bundeswehr. Richtig wohl fühlt er sich aber in seinem Atelier bei seinen Gemälden, Radierungen und Torfschnitzereien. Wenn es Zeit und Ehefrau erlauben, arbeitet er auch locker acht Stunden am Stück an seinen Kunstwerken. Doch die 50 Krippen waren eine echte Herausforderung. Für eine Krippe rechnet er mit zwei Arbeitstagen. Die Brüder einigten sich auf 25 Krippen im Jahr. "Und ehrlich, wenn im Sommer draußen heiß die Sonne scheint, vergeht einem die Lust, eine Weihnachtskrippe zu schnitzen."

Das Kamel ist eigentlich zu groß

Mit Mooren und Torf ist Brinkmann als gebürtiger Saterfriese aufgewachsen. Der Ort Ramsloh südwestlich von Oldenburg gehört zum Saterland, der kleinsten Sprachinsel Europas, inmitten von Mooren. Hier wird "Seltersk" gesprochen. Das ist kein Platt- oder Niederdeutsch, sondern eine eigenständige Sprache. Nur noch rund 2.000 Menschen beherrschen sie.
Überleben konnte die Sprache durch die isolierte Lage des Saterlandes inmitten von Mooren. Die Dörfer waren bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges nur im Winter und im Hochsommer erreichbar. Im Winter froren die Moore zu, im Sommer trockneten die wenigen Pfade soweit aus, das sie betreten werden konnten. Erst nach dem Krieg wurden Straßen in das Gebiet gebaut.
Zu den Krippen gehören bei Brinkmann auch die Nebenfiguren der Weihnachtsgeschichte: Also fing er an, auch Heilige Könige, Hirten samt Schafen und Engel zu schnitzen. Probleme bereiteten ihn die Kamele. Sie sind zu groß, um sie aus einem normalen Torfsoden schnitzen zu können. Die Lösung fand sich im Ausland: Die Firma seines Bruders übernahm eine schwedische Torf-Firma. Dort sind die Torfsoden traditionell doppelt so groß wie im Saterland. Nun bekommt Brinkmann regelmäßig einige dieser großen Soden aus dem hohen Norden für seine Höckertiere. "Und darum gibt es bei mir zu Weihnachten Kamele aus Schweden." (epd)