Die Heilmittel Gottes

Über den Geist der Liebe schreibt Tobias Stäbler. Er ist Vikar der Johannesgemeinde Hamburg-Rissen.

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Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ aus 2. Timotheus 1, 7-10

Gegen die Krankheit zum Tode ist ein Kraut gewachsen. Kraft, Liebe und Besonnenheit. Diese Kräuter sind Heilmittel gegen die Angst – und haben heilsame Nebenwirkungen.

Die Geister, die wir rufen, werden wir nicht wieder los. Es gibt ihn, den Angst-Geist. Den Geist der Verzagtheit und der Furcht. Wir geben ihm Raum, wenn sich unser Leben nur um uns selbst kreist. Wenn wir krampfhaft festhalten wollen an dem, was uns lieb ist. In Gottes Namen ist er nicht unterwegs. Wir sollten ihn links liegen lassen.

Angst hat viele Gesichter. Oft sind es Fratzen. Wenn uns die Angst hat, schnürt sie uns die Kehle zu. Dann bekommen wir keine Luft. Unser Blickfeld wird eng, und der Nährboden für extreme Gedanken bekommt ordentlich Futter. Angst ist der Klotz am Tanzbein des Lebens.

Mut, etwas zu wagen

Der Kraft-Geist Gottes ist anderer Natur. Er befreit von der Trägheit und will gestalten. Er hat die Energie, Dinge wirklich zu verändern. Er weckt den Mut, etwas zu wagen. Aber Kraft allein reicht nicht. Kraft ohne Liebe hat keinen Geschmack. Durch den Liebe-Geist wird unser Blick weit und das Herz groß. Mit der rosaroten Brille der Liebe bekommt die Kraft eine Farbe. Die Farbe der Toleranz. Die Farbe der Demut. Die Farbe der Hoffnung. Gottes Kraut gegen die Angst braucht eine dritte Zutat. Die Besonnenheit. Das rechte Augenmaß.

Ein Gespür für das, was angemessen ist. Kraft und Liebe brauchen die richtige Dosierung, denn nicht immer ist die volle Ladung nötig. Manchmal ist eine homöo­pathische Dosierung ratsam. Besonnenheit bedeutet, auch mal einen Gang rausnehmen zu können. Einatmen, ausatmen – und dann erst entscheiden.

Gott ist Arzt und Apotheker. Seine Medizin gegen die Angst gibt es rezeptfrei. Und die Nebenwirkungen? Auf dem Beipackzettel steht: „Die Einnahme von Kraft, Liebe und Besonnenheit führt häufig zu einer Bewusstseinserweiterung. Gegenanzeigen und Kontraindikationen sind nicht bekannt. Das Medikament ist für Kinder zugänglich aufzubewahren. Dauer der Behandlung: lebenslänglich.“

Unser Autor
Tobias Stäbler ist Vikar der Johannesgemeinde Hamburg-Rissen.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.