Die Heavy-Metal-Messe von Nortrup

Nortrup. Zum zweiten Mal gestaltete Berufsschulpastor Uwe Brand mit Schülern eine Heavy-Metal-Messe. Fazit der Besucher: „Laut – und ganz schön verrückt“.

Hier wird gerockt!
Hier wird gerockt!

von Imma Schmidt
Es waren ungewohnte Töne, die aus der kleinen, neogotischen Dorotheenkirche kamen: „Diesmal wird es richtig hart, das wird Metal 2.0“, kündigt der Sänger der Band „Solution Cycle“, Rune Schohaus, an.
Ihre Songthemen bezögen sie aus dem Alltag, erklärt der Amateurmusiker, der von Beruf Sozialarbeiter ist. „Wir verarbeiten in unserer Musik Emotionen, Beziehungsprobleme, Verzweiflung und Abhängigkeitsgefühle.“ Ob sie selbst schon Erfahrung mit dem Tod gemacht haben? „Definitiv“, lautet die knappe Antwort. „Wir trauern wie andere Menschen, doch in unserer Musik lassen wir dann den Schmerz raus“, sagt Schohaus. „Heute ist es voller als zu Weihnachten“, flüstert eine ältere Dame ihrer Nachbarin zu. Fast 400 Besucher, davon 15 Kinder, zählten die Veranstalter, und keineswegs nur junge Leute waren zu diesem Ereignis nach Nortrup-Loxten gekommen.
Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt und zahlreiche Besucher standen bis nach draußen, wo Feuerkörbe für eine stimmungsvolle Atmosphäre sorgten.

"Crazy, aber schön laut"

Wilma Schräder (77) nimmt kurz die Stöpsel aus dem Ohr. Warum ist sie hier? „Ich bin neugierig und der Pfarrer ist positiv bekannt.“ Während das Schlagzeug, die harten Gitarrenriffs und das „typische Metalgeschrei“ ertönen, leuchten ihre Augen. „Crazy, aber ganz schön laut.“
„Hier wird sorgfältig gearbeitet, es geht nicht ums Medienspektakel“, das stellt Hans Hentschel, der Superintendent des Kirchenkreises Bramsche, klar. „Mit einem normalen Gottesdienst gelingt es aber nicht, die mediale Öffentlichkeit derart zu mobilisieren“, sagt er mit leisem Bedauern in der Stimme.
Dann wird er wieder lebhafter: „Dies ‚Geht hinaus in alle Welt…’, das gilt nicht nur für Afrika, sondern auch für die Jugend- und andere Welten.“ Brand nimmt die Welt seiner Schülerinnen und Schüler ernst, wenn er sich mit dieser Musik Themen wie „Totentanz“ widmet.“ Von der Kanzel leuchtet ein fahler Mond, den der Tod „angezündet“ hat.
„Wir haben auch schon einen Märchengottesdienst gestaltet, mit türkischer Musik und Geschichten aus 1001 Nacht.“ Brand kennt keinerlei Berührungsängste. Diesmal ging es ihm darum, die künftigen Erzieher auf die Begegnung mit dem Thema Tod in ihrer Arbeit vorzubereiten. Dabei nimmt er keineswegs nur schwere Krankheit und das Ende des Lebens in den Blick, sondern auch die „vielen Tode im Leben, Beziehungsabbrüche oder Scheitern im Beruf, Mobbing und Liebeskummer“.
Der „Tod“, schwarz gewandet und von einem Skelett und den die jeweilige Verzweiflung darstellenden jungen Leuten begleitet, zieht in die Kirche ein, gefolgt von Brand, der im schwarzen Ledermantel durch den Mittelgang schreitet. Dabei spricht der Pastor davon, dass der Tod uns mitten im Leben umgibt.
Doch der Mann aus Nazareth habe uns versprochen, dass unser Leben nicht im Tod, sondern in der Hoffnung auf ein Danach und in der Liebe ende, sagt Brand. Diese Liebe mache die Welt hell. Die Kameras der anwesenden Fernsehsender folgen Brand, wenn er Hesses Gedicht „Stufen“ zitiert: „Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“ Solution Cycle spielt „In the Name of Love“  und dann zieht „Jesus“ ein. Er richtet die „Gestorbenen“ wieder auf. Die verteilen bunte Knicklichter, die später die Rhythmen des Metal spiegeln, ähnlich wie das Headbanging einiger Fans vor dem Altarraum.