Die Familie mit den drei Religionen

Sie ist Katholikin, er Muslim. Das wird in ihrer Heimat Albanien nicht akzeptiert. Deshalb ist die Familie nach Deutschland geflohen – und lässt ihren Sohn aus Dankbarkeit protestantisch taufen.

Geflohen aus Albanien: Eriona Damalja, Rudin Misiri und ihr Sohn Rudjon
Geflohen aus Albanien: Eriona Damalja, Rudin Misiri und ihr Sohn RudjonAntje Fey-Jensen

Owschlag. „Wenn ich in die Kirche komme, fühle ich mich gut und entspannt“, sagt der aus Albanien stammende Muslim Rudin Misiri, der zusammen mit seiner katholischen Lebensgefährtin Eriona Damalja vor siebzehn Monaten nach Deutschland geflohen ist. Zusammen haben sie einen dreijährigen Sohn, Rudjon, den sie im Dezember in Owschlag protestantisch taufen ließen.
Sie sind aus Albanien geflohen, weil sie Schwierigkeiten mit Eriona Damaljas Familie bekommen haben. Der Bruder und andere Familienmitglieder akzeptieren nicht die Entscheidung Erionas, mit einem Muslim zusammen zu leben. In Albanien gibt es immer noch die Blutrache. Sie haben die junge Frau sogar aus der Familie ausgestoßen. „Wir haben uns an die Kommune um Hilfe gewandt, aber niemand hat sich für uns zuständig gefühlt. Sie sagten, dies sei unser Problem“, beschreibt Rudin Misiri die Situation. Auf die Frage, ob in Deutschland die Hilfsbereitschaft größer sei, huscht ein schüchternes Lächeln über Eriona Damaljas Gesicht und sie nickt zustimmend.

Eriona hat es schon immer schwer gehabt

Die 33-Jährige hat es schon immer schwer gehabt. Weil ein Finger an der rechten Hand missgebildet ist, gilt sie in ihrer Herkunftsfamilie als Krüppel und durfte weder die Schule besuchen noch arbeiten gehen. Sie musste zu Hause auf dem Feld ackern und Erde in der Schubkarre transportieren, obwohl sie wegen ihres Fingers starke Schmerzen hatte. In dem kleinen Dorf, wo sie aufgewachsen ist gab es keine Ärzte und auch keine Hilfe von außen. Den sieben Jahre älteren Rudin hat sie in einem Restaurant in der Nähe der Stadt Durres kennengelernt, sie kamen ins Gespräch und verliebten sich ineinander. Rudin, der früher unter anderem für das Rote Kreuz in Albanien gearbeitet hat, ist inzwischen psychisch erkrankt und wird in Deutschland behandelt. Er möchte gerne wieder arbeiten.
Rudin Misiri und Eriona Damalja haben eine lange Odyssee hinter sich. Sie sind von Albanien nach Griechenland gereist und von dort mit dem Schiff nach Italien übergesetzt. Wie viele andere Flüchtlinge haben sie viel Geld dafür bezahlt. Dann sind sie mit dem Bus nach Dortmund und von dort nach Neumünster ins Erstaufnahmelager gelangt und weiter nach Owschlag im Kirchenkreis Rendsburg-Eckernförde. Dort wurden sie herzlich aufgenommen.

Taufgespräch per Dolmetscher

In Deutschland ist die Familie jetzt erst einmal in Sicherheit und wartet auf ihre dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Rudin macht einen Deutschkurs, spricht neben seiner Muttersprache Albanisch auch Italienisch. Erika Sorkale, die auch Nordkirchensynodale ist, bot ihnen eine erste Wohnung an und nahm sie mit zur Kirchengemeinde. Aus Dankbarkeit wollte die Familie ihren Sohn Rudjon evangelisch taufen lassen. Anja Mildner vom Sozialdienst der Kommune sprach daraufhin mit dem Owschlager Pastor Christian Bingel, der das Taufgespräch mithilfe einer Dolmetscherin führte. Propst Sönke Funck stimmte zu, dass der Junge auch ohne Paten getauft werden könne, weil die Mutter Christin und die Familie gut integriert sei. Auch der Kirchenkreisrat stimmte zu.
So wurde Rudjon am zweiten Advent in der Erlöserkirche getauft. „Für mich ist es wichtig, dass mein Sohn christlich getauft ist, in Albanien wäre dies nicht möglich gewesen“, sagt Rudin Misiri. Inzwischen gehört der Dreijährige, der seit einem Jahr einen deutschen Kindergarten besucht und schon gut Deutsch spricht, zu den fleißigsten Gottesdienstbesuchern unter zehn Jahren, erzählt Pastor Bingel. Durch die Unterstützung des Pastors und der Kirchengemeinde ist in der Familie Ruhe eingekehrt. Hier wird ihr Zusammenleben akzeptiert. Nun hoffen die Owschlager, dass Eriona Damaljas Behinderung und Rudin Misiris psychische Erkrankung ihnen bald ein dauerhaftes Aufenthaltserlaubnis in Deutschland ermöglicht.