Dicke Luft im Kloster

Eigentlich lädt das Kieler „Haus Damiano“ zur Besinnung ein. Doch das Durchatmen ist in dem katholischen Gästekloster nicht unbeschwert möglich – wegen der hohen Belastung mit Feinstaub. Jetzt könnte ein Vorstoß der Stadt Kiel helfen.

Das katholische Kloster liegt am viel befahrenen Theodor-Heuss-Ring
Das katholische Kloster liegt am viel befahrenen Theodor-Heuss-RingThorge Rühmann

Kiel. Rund um das katholische „Haus Damiano“ in Kiel herrscht dicke Luft. Seit einiger Zeit steht offiziell fest: Das von Ordensschwestern geführte Gästekloster sowie die benachbarte Kirche Liebfrauen liegen an einem der bundesweit schmutzigsten Orte. Nur wenige Meter entfernt führt der viel befahrene Theodor-Heuss-Ring vorbei, an dem seit Jahren der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft überschritten wird.

Vor kurzem hat die Kieler Ratsversammlung den „Klimanotstand“ ausgerufen, als erste Landeshauptstadt bundesweit. Ziel ist es nun, die Stadt bereits vor dem Jahr 2050 klimaneutral zu machen und damit weitestgehend auf den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu verzichten. Denn durch deren Verbennung fossiler entstehen klimaschädliche Gase und auch Feinstaub, der die Luft verschmutzt und gesundheitsschädlich ist für die Menschen. Künftig muss die Stadtverwaltung nun bei allen Entscheidungen die möglichen Auswirkungen auf den Klimawandel berücksichtigen.

Die Hilfe, die zur Luftnummer wurde

Von dieser neuen Situation könnte mittelfristig auch das Viertel rund um das katholische Gästekloster „Haus Damiano“ betroffen sein. Eine Messstation, die vom Garten des Hauses zu sehen ist, registrierte 2018 im Mittel einen Wert von 60 Mikrogramm. Nur in Stuttgart und München wurden noch höhere Feinstaub-Konzentrationen gemessen. „Als Franziskanerinnen müssen wir mit dieser Realität leben“, sagt die Leiterin des Hauses, Schwester Maria Magdalena. Die Ordensfrau begrüßt das Tempolimit, das die Stadt Kiel zur Verbesserung der Luftqualität angeordnet hat. Statt bisher 70 sind seit April nur noch 50 Stundenkilometern auf der vierspurigen Straße erlaubt. „Das haben wir uns lange gewünscht, weil so auch viele Unfälle vor unserer Kirchentür verhindert werden.“

Eine weitere Maßnahme hält sie jedoch im wahrsten Sinne des Wortes für eine Luftnummer: Um den Verkehrsfluss zu verbessern, ließ die Stadt die kleineren Zu- und Abfahrten des Theodor-Heuss-Rings sperren. Damit sind auch das Kloster und die Kirche für Autofahrer nur noch über einen Umweg erreichbar. „Vielleicht fließt nun der Verkehr auf der Hauptstraße besser, aber alle, die zu uns kommen, müssen einen Umweg durch das ganze Wohngebiet fahren und verursachen letztlich noch mehr Feinstaub“, sagt Schwester Maria Magdalena und schüttelt den Kopf.

Vor den Ostergottesdiensten – die Sperrungen waren kurz vor den Feiertagen eingerichtet worden – postierten sich drei Schwestern an der Straße, um Besuchern den rechten Weg zu weisen. Inzwischen wissen Stammgäste bereits Bescheid: „Der Kirchenbesuch leidet nicht unter der Sperrung. Trotzdem hoffe ich, dass die Maßnahme nur von kurzer Dauer ist.“

Keine Verschmutzung im Klostergarten

Im Gästehaus und im Klostergarten sei nichts von der Luftverschmutzung zu spüren. „Zumindest haben wir bei Kräutern und Honig, die wir im Klosterladen verkaufen, bislang keine Veränderungen festgestellt“, so die Schwester. Die Anlage liege zum Glück nur in zweiter Reihe. „Aber wir sind solidarisch mit den Nachbarn, die in erster Reihe wohnen und suchen auch das Gespräch mit der Politik.“

Letztlich sieht die Ordensfrau in der Feinstaub-Thematik einen Impuls: „Wir sollten nicht das Problem in den Mittelpunkt rücken, sondern darüber nachdenken, was wir für die Bewahrung der Schöpfung tun können.“ Die Schwestern überlegten sich schon jetzt sehr genau, wann sie das Auto benutzen und wann sie lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Im Gästekloster seien Veranstaltungen zum Thema Umwelt- und Klimaschutz geplant.

Trotz Feinstaub, Lärm und Sperrungen gibt sich Schwester Maria Magdalena daher gelassen: „Wir wissen, dass wir in der Nähe eines sehr belasteten Ortes in Kiel leben. Aber wir empfinden das nicht so.“ (KNA/EZ)