Diakonie eröffnet stationäres Hospiz in Eggesin

Reden, lachen, letzte Dinge klären: Im neuen Hospiz des Diakoniewerks im vorpommerschen Eggesin sollen Schwerstkranke ihre letzte Lebenszeit verbringen können – so angenehm und erfüllt wie möglich.

Im Raum der Stille im neuen Hospiz von Eggesin: Mandy Papke, Chefin des Trägers, und Pfleger Dirk von Malleck.
Im Raum der Stille im neuen Hospiz von Eggesin: Mandy Papke, Chefin des Trägers, und Pfleger Dirk von Malleck.epd/Sybille Marx

von Sybille Marx

Eggesin. Das Rednerpult muss noch an die Seite geschoben werden, aber dann können sie loslegen, diese jungen Musiker des Rufus Temple Orchestra aus Berlin. Die Trompete schnattert, das Banjo klimpert, der Kontrabass wandert auf und ab, und eine betörend süße, leichte Stimme kommt aus dem Mund der Sängerin. Gute-Laune-Swingmusik aus den 20er -Jahren wird gespielt, das Publikum im vollen Saal klatscht begeistert.

Und Mandy Papke, Geschäftsführerin des Blauen Kreuz Diakoniewerks Eggesin, strahlt. Das neue, stationäre Hospiz im vorpommerschen Eggesin, das hiermit eröffnet wird, war ihre Idee. Und schon die Wahl der Festmusik an diesem Freitag Ende April macht klar: Neben aller Trauer soll hier auch die Freude Platz haben, sollen Menschen lachen und fröhlich sein können, gerade weil sie wissen, dass sie bald sterben müssen.

Hospitz "Vergiss mein nicht"

Wenige Tage nach der Eröffnung werden die ersten zwei Patienten einziehen, bis zu zehn Schwerstkranke sollen dann ihre letzte Lebenszeit hier verbringen können, begleitet von Pflegern, Ehrenamtlichen und Angehörigen, finanziell getragen von den Krankenkassen. Der Name des Hauses: "Vergiss mein nicht." Für Mandy Papke, das betonen Landesdiakoniepastor Martin Scriba, Redner der fördernden Reemtsma-Stiftung, der Bundesregierung und vom ambulanten Hospizdienst Uecker-Randow, war der Bau des Hospizes ein Herzenswunsch. Einer, den diese Frau mit Mut und Leidenschaft umsetzte.

"Ich habe in den letzten Jahren im Bekanntenkreis Menschen verloren, die mir sehr nah waren", erzählt die 47-Jährige später am Rande der Veranstaltung. Bei einem Praktikum auf der Palliativ-Station eines Krankenhauses habe sie dann beobachtet, wie viele Schwerstkranke sich an die Hoffnung auf Heilung klammerten und es vor sich her schoben, Klarheit in ihrem Leben zu schaffen. "Aber bis zum Schluss kann ein Mensch es schaffen, Konflikte zu klären und mit sich ehrlich zu sein", sagt Mandy Papke. Auch dafür wolle sie Raum geben.

"Wir wollen eine familiäre Atmosphäre"

Das Problem bisher: "Die nächsten stationären Hospize waren zu weit weg." In Greifswald, Neubrandenburg, Neustrelitz und Eberswalde liegen sie, mindestens 1,5 Autostunden entfernt. "In Eggesin wurde ein Hospiz vermisst. Angehörige wollen ja auch nach der Arbeit herkommen, nicht nur am Wochenende." Auch aus Sicht von Torsten Ehlert, Leiter des Vereins Ambulanter Hospizdienst Uecker-Randow, ist das neue Haus ein Gewinn. "Vor 17 Jahren sind wir mit dem Ziel angetreten, Menschen ein würdiges Sterben ohne Angst und Schmerzen in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung zu ermöglichen", erzählt er. Doch immer öfter müsse der Verein feststellen, dass das nicht bis zum Schluss gelinge, etwa, weil zu Hause eine Pflege rund um die Uhr nicht zu leisten sei. "Das Hospiz ist ein Meilenstein", findet er. Und das Blaue Kreuz Diakoniewerk habe bisher zwar nur in der Kinder- und Jugendarbeit und der Wiedereingliederungshilfe gearbeitet. "Aber wer Mandy Papke kennt, stellt sich nicht die Frage: Geht das dann?"

16 Pflegekräfte in drei Schichten sollen sich künftig um die Patienen kümmern, darunter Pfleger Dirk von Malleck. "Wir möchten den Leuten eine familiäre Atmosphäre bieten und ihnen ihre letzte Zeit so angenehm wie möglich machen", erklärt der 47-Jährige. Ärzte kämen nach Bedarf ins Haus. Wann ein Patient geweckt wird oder zu Mittag isst, solche Dinge soll er selbst bestimmen dürfen. Ehrenamtliche könnten zum Vorlesen oder plaudern herkommen. In jedem Patientenzimmer steht eine Schlafcouch, auf der ein Angehöriger übernachten kann, eine Terrasse liegt jeweils hinter der großen Glastür. "Wir können die Patienten im Bett direkt nach draußen schieben", erklärt Dirk von Malleck. Alles in allem gelte: "Wir sind Wunsch­Erfüller."

Und dann gibt es da noch diesen kleinen, graublauen und fast schalldichten Raum am Ende eines Ganges. Hinter einem Kreuz an der Wand guckt warmes Licht hervor, die Stühle leuchten durchsichtig blau. "Dieser Raum der Stille ist mir sehr wichtig", sagt Mandy Papke. Als Gebetsraum, als Rückzugsraum. Und zum Aufbahren der Gestorbenen. "Hier können die Angehörigen in Ruhe nochmal Abschied nehmen."