Der Versöhner überrascht immer wieder

Am 13. März 2013 wurde aus dem argentinischen Kardinal Jorge Mario Bergoglio Papst Franziskus. Seitdem ist der Südamerikaner auch in der Ökumene neue Wege gegangen. Ein Porträt zum 80. Geburtstag.

Papst Franziskus beim gemeinsamen Gottesdienst zum Reformationsjubiläum im schwedischen Lund
Papst Franziskus beim gemeinsamen Gottesdienst zum Reformationsjubiläum im schwedischen LundThomas Lohnes / epd

Rom. Nach seiner Wahl zum Papst im März 2013 überraschte der bis dahin weithin unbekannte Kardinal Jorge Mario Bergoglio zunächst mit der Wahl des Namens: Franziskus. Die Bezugnahme auf Franz von Assisi ist dem Argentinier ein ernstes Anliegen. Statt höfischer Gesten legt der Jesuit Wert auf bescheidenes Auftreten und Nähe zu den Menschen. Er nutzt nicht das päpstliche Appartamento, sondern wohnt im vatikanischen Gästehaus. Gerne lässt er sich auch mit einem Fiat 500 chauffieren. Am Sonabend wird der Pontifex, der nach außen als Friedensstifter auftritt und in der Kurie als Reformer für Unruhe sorgt, 80 Jahre alt.
Als erstes Reiseziel wählte Franziskus Lampedusa aus, um mit Menschen aus dem dortigen Flüchtlingslager eine Messe zu feiern und jener zu gedenken, die auf dem Weg über das Mittelmeer ums Leben gekommen sind. "Sie suchten einen besseren Ort für sich und ihre Familien, doch sie fanden den Tod", sagte Franziskus in seiner Predigt.

Friedensgebet sorgte für Aufsehen

Immer wieder ermahnt der Papst die Regierungen von Industriestaaten, Armut und Konflikte zu bekämpfen, die Flüchtlingsströme nach Europa auslösen. Sein Engagement erschöpft sich dabei nicht nur in Predigten und Reden. So lud er den damaligen israelischen Präsidenten Shimon Peres und dessen palästinensischen Amtskollegen Mahmud Abbas 2014 zu einem aufsehenerregenden Friedensgebet in den Vatikan ein. An der Annäherung zwischen Kuba und den USA hatte der Südamerikaner an der Spitze der katholischen Weltkirche ebenso seinen Anteil wie am Friedenssschlus zwischen Regierung und Farc-Guerilla in Kolumbien.
Aussöhnung zwischen Menschen, ob in der Familie, in der Kirche, im Verhältnis zu anderen Kirchen oder Religionen, hat für Franziskus oberste Priorität. Die moderne Wegwerfgesellschaft sorgt aus seiner Sicht für Spaltungen, Ausbeutung und Umweltzerstörung. Seiner Forderung nach einem anderen Wirtschaftsmodell widmete er 2015 die Umweltenzyklika "Laudato si". Franziskus führe damit vor Augen, "dass ein Verharren in gewohnten Verhaltensweisen im Widerspruch zum Schöpfungswillen Gottes steht", würdigte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, das Umweltengagement des Papstes.

Spontane Telefonate mit Gläubigen

Wie keiner seiner Vorgänger gewährt der Papst offenherzige Interviews. Er pilgert nach Assisi, telefoniert spontan mit einfachen Gläubigen und wendet sich gegen Starkult um seine Person. Doch er befreit nicht nur das Papstamt von der Aura der Entrückung und Entweltlichung. Franziskus erweist sich auch als Reformer, der die Zentrale der katholischen Kirche modernisieren will. Am Ende dieser Reform soll die vatikanische Kurie wirksamer und transparenter als in der Vergangenheit im Dienst der Weltkirche stehen.
Mit einem Wirtschaftsrat als Kontrollinstanz und mit der Bildung eines Wirtschaftssekretariats und nahm Franziskus dem zuvor übermächtigen Staatssekretariat die Verantwortung für Finanzfragen. "Im Staatssekretariat hat er nicht nur Freunde", hieß es nach der Errichtung des "Finanzministeriums". Mitglieder des bisherigen Machtapparates fürchten um Einfluss und Posten.
Zur Vorbereitung der Kurienreform berief Franziskus eine Kommission mit acht Kardinälen aus aller Welt ein. Sie arbeitet an einer Neuordnung von Zuständigkeiten und einer Zusammenlegung von Kurienbehörden. Nach zwei Bischofssynoden verfügte er Öffnungen im Umgang der Kirche mit Familien, die dem traditionellen Bild der katholischen Kirche nicht entsprechen.

Gemeinsames Reformationsgedenken

Das nachsynodale Schreiben "Amoris laetitia" stieß unter konservativen Kardinälen auf heftige Kritik, weil die darin enthaltene Öffnung der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene aus ihrer Sicht das gesamte Regelwerk der Kirche bedroht. Vier Kardinäle, darunter die Deutschen Walter Brandmüller und Joachim Meisner, forderten den Papst zu einer Klärung auf. "Ist die Lehre über die Existenz absoluter moralischer  Normen, die ohne Ausnahme gelten und in sich schlechte Handlungen verbieten, noch gültig?" fragten sie jüngst in einem Brief an Franziskus.
Auch in der Ökumene geht der Papst neue Wege: zum Beispiel mit der Teilnahme am lutherisch-katholischen Reformationsgedenken Ende Oktober des zu Ende gehenden Jahres im schwedischen Lund und mit der Vergebungsbitte an Pfingstkirchen. Gleichzeitig versucht er, die traditionalistische Priesterbruderschaft St. Pius X. wieder an die katholische Kirche anzunähern. Dialogangebote in alle Richtungen machen Franziskus in der westlichen Welt beliebt, verunsichern jedoch Katholiken, denen die strengen Regeln seines Vorgängers Benedikt XVI. Orientierung boten. (epd)