Der Pastor, der kein Risiko eingehen wollte

Hier erzählt Militärseelsorger Carsten Süverkrüb von seinen Erfahrungen mit dem Coronavirus.

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Kramerhof. Es war einmal … So beginnen Märchen normalerweise. Ich möchte die Geschichte erzählen, wie es mir ergangen ist, als das Coronavirus so langsam in mein Leben, als Pastor der evangelischen Militärseelsorge einzog.

Üblicherweise bin ich im Frühjahr mit Soldaten im Rahmen des Unifil-Einsatzes unterwegs, einer Friedensmission um verfeindete Nationen auseinanderzuhalten. Und so war auch dieses Jahr geplant, dass ich Mitte März meinen Kollegen auf Zypern ablöse, der bis dahin Soldaten begleitet und betreut hatte. Für ihn sollte der Einsatz nur vier Wochen dauern, dann wurde ich erwartet. Ja, und dann kam Corona …

Vor meinem Einsatz besuchte ich Verwandtschaft in Hessen und hörte mit Erstaunen im Radio, dass im Landkreis ein Corona-Fall aufgetreten war. Anfang März war das eine heftige Sensation. Und auch die Arzthelferin der Praxis, die ich noch besuchen musste, berichtete von Corona-Fällen, die in der Praxis gewesen sein sollen, was sich aber nachher als Falschmeldung herausstellte.

Test vor dem Abflug

Gewissenhaft, weil man ja nicht ausschließen kann, dass man einen Corona-Kranken in der Umgebung getroffen hat, bat ich ein paar Tage vor dem Abflug um einen Test im Sanitätsgebäude in der Kaserne. Hektik brach nach der vermeintlich harm­losen Frage nach dem Test aus. Ich bekam einen Mund-Nasen-Schutz verpasst und sollte sofort in einen desinfizierten Raum gehen. Unter Vollschutz wurde getestet und dann wurde ich nach Hause geschickt. Einkaufen? Nein, keine Umwege, bis zum Testergebnis. Quarantäne fühlt sich merkwürdig an.

Es war Donnerstag, noch fünf Tage bis zum Flug, Freitagmittag sollte das Ergebnis vorliegen. Das Ergebnis kam Montag. Dafür kam aber am Sonntag ein Anruf aus Zypern von der Einsatzführung, warum ich denn einen Corona-Test gemacht habe. Und so wurde mir verboten zu fliegen, ja, ohne Test wäre es kein Problem gewesen. Die Bundeswehr geht auf Nummer sicher. Von Stunde zu Stunde wurden die Reisewarnungen verschärft. Das Reiseland Zypern hatte inzwischen veranlasst, dass alle in Quarantäne müssen und nur noch Tests von der Berliner Charité anerkannt werden. Und so saß ich Montag nicht im Flugzeug, sondern neben gepackten Koffern zu Hause auf der Couch mit einem negativen Testergebnis in der Hand.

Mit christlicher Gelassenheit

Soldaten, die mit dem gleichen Flugzeug losgeflogen waren, mussten die Erfahrung machen, in Athen beim Umsteigen in Quarantäne zu kommen. Auch sie erreichten Zypern nicht mehr. Dieses Virus hatte alles lahmgelegt, was bis dahin an Normalität galt. Mein Bruder im Herrn, der sich auf vier Wochen Begleitung der Soldaten eingerichtet hatte, ist erst vor Kurzem aus dem Einsatz zurückgekehrt – mehr als fünf Monate später. Er hat es mit christlicher Gelassenheit getragen, und ich bin ihm dankbar dafür. Hätte ich damals geahnt, was dieser für unsere Augen nicht sichtbare Organismus noch alles anrichtet, ich hätte schon damals entgeistert den Kopf geschüttelt.

Heute müssen alle in Quarantäne und getestet werden, wenn sie in den Einsatz wollen. Und auch der Pastor, der die Soldaten begleitet, bleibt 14 Tage im „Quarantänehotel“, um als Hirte seine Schäfchen begleiten zu können. Die Welt ist eine andere geworden, frei nach dem Motto: In eines Mannes Herzen sind viele Pläne; aber zustande kommt der Ratschluss des Herrn, aus Sprüche 19, 21.