Der Job als Küster bringt ihm Lebensmut zurück

Er zündet die Kerzen an, schlägt die Bibel auf und läutet die Glocken: Der herzkranke Rentner Manfred Oelker arbeitet ehrenamtlich als Küster. Das bringt ihm neuen Lebensmut.

Manfred Oelker arbeitet ehrenamtlich als Küster
Manfred Oelker arbeitet ehrenamtlich als KüsterSvenja Engel

Brunsbüttel. Vor zwei Jahren musste Manfred Oelker aus gesundheitlichen Gründen in ein Pflegeheim umziehen. Schnell fiel ihm dort die Decke auf den Kopf. Dann änderte eine Stellenanzeige der Kirchengemeinde Brunsbüttel alles: Der heute 65-jährige Rentner bewarb sich und arbeitet seither voller Hingabe als Küster in „seiner“ Jakobuskirche.
Der kupferfarbene, etwa zwölf Zentimeter lange Schlüssel füllt fast seine ganze Handfläche aus. Manfred Oelker betrachtet ihn, als läge ein Schatz in seiner schmalen, blassen Hand. Es ist der Schlüssel zur Jakobuskirche in Brunsbüttel. Manfred Oelker arbeitet hier seit vier Wochen als ehrenamtlicher Küster. Dass ein Pflegeheimbewohner eine neue berufliche Aufgabe übernimmt, ist eher eine Seltenheit – gerade deswegen ist der 65-jährige Rentner auch so dankbar. „Vor eineinhalb Jahren ging es mir gesundheitlich so schlecht, dass ich nicht mehr allein wohnen konnte“, erinnert sich Manfred Oelker. „Heute bin ich medikamentös gut eingestellt und fühle mich recht wohl.“

Im Heim unterfordert

Ein Auszug aus dem Pflegeheim ist jedoch nicht geplant. Der gebürtige Hamburger ist langjähriger Herzpatient und leidet zudem an einer schweren neurologischen Erkrankung. „Ich kann jederzeit umkippen und brauche dann sofort Hilfe.“ Andererseits fühlt er sich in dem Pflegeheim unterfordert. „Man muss sich manchmal bis zu dreißig Mal wiederholen“, erklärt der gelernte Feinmechaniker. Er nimmt seine schwarz gerahmte Brille ab und schaut gedankenverloren auf den Altar in der Jakobuskirche. Umso glücklicher ist er, mit dem Küsterdienst einen Ausgleich zum eintönigen Heimleben gefunden zu haben.
Nachdem Pastor Arnd Lempelius ihn ins Küster-Amt eingewiesen hat, fühlt er sich schon recht sicher darin, die Aufgaben zu bewältigen: Neben dem täglichen Öffnen und Schließen der Jakobuskirche half Manfred Oelker bereits mehrmals bei Gottesdiensten. Dazu gehören  das Anzünden der Kerzen, das Aufschlagen der großen Altarbibel und das Läuten der Kirchenglocken. Zudem begrüßt er jeden Gottesdienstbesucher und überreicht ihm ein Gesangbuch.

Sein Wunsch: Küster bei einer Trauung

Gern sitzt er auch einmal ganz allein in der Kirche. „Ich war früher nie so der Kirchgänger“, sagt der Rentner, „jetzt genieße ich es, hier meinen Gedanken nachhängen zu können.“ Längst hadert er nicht mehr mit seinem Schicksal – im Gegenteil. „Ich merke jetzt erst, wie schön das Leben sein kann. Das hätte ich schon viel früher gebrauchen können“, sagt Manfred Oelker.
Das Ehrenamt habe er zeitlich gut mit dem Alltag des Pflegeheims abgestimmt, freut sich Manfred Oelker: „Die Frauen aus der Küche stellen mir mein Essen immer zurück, wenn ich es nicht pünktlich zum Abendbrot schaffe.“ Damit alle Heimbewohner auch mal „seine“ Kirche zu sehen bekommen, hat er einen Plan: „Ich möchte gern, dass der Heim-Gottesdienst wenigstens einmal vom Speisesaal in die Jakobuskirche verlegt wird“, sagt der Rentner und schiebt mit einem scheuen Lächeln hinterher: „Es sieht ganz danach aus, als wenn es auch klappen wird.“ Sein größter Wunsch ist es, bei einer kirchlichen Trauung ehrenamtlich als Küster zu helfen. „Ich würde so gern bei einer richtigen Hochzeit den Küsterdienst machen“, sagt Manfred Oelker. „Das wäre wirklich schön.“