Der graue Altar ist bunt geworden
Sie haben sich Zeit gelassen: 20 Jahre hat die Restaurierung des Altars in der Kirche von Carwitz gedauert. Doch jetzt leuchten die Figuren wieder.
Carwitz. Viele Jahrzehnte lang konnten die Besucher der Fachwerkkirche in Carwitz bei Feldberg nur erahnen, wie die Schnitzfiguren am Altar wirklich einmal ausgesehen hatten. Im 19. Jahrhundert hatte man die beiden Altarflügel in demselben grau-weißen Farbton wie die Kanzel überstrichen. So sollte vermutlich dem etwas zusammengewürfelten Kanzelaltar ein einheitliches Aussehen verpasst werden, denn die Stile des spätmittelalterlichen Schnitzaltars aus der im Dreißigjährigen Krieg zerstörten ersten Carwitzer Kirche und der für den Neubau von 1706 errichteten Kanzel weichen doch stark voneinander ab.
Um den ursprünglichen Zustand der Altarfiguren wieder sichtbar zu machen, gründete sich in den 1990er Jahren ein Förderverein. Als dieser sich 2011 auflöste, sammelte die Kirchengemeinde trotzdem weiter Spenden, um das Vorhaben irgendwann doch zu realisieren. Die Stiftung Kirchliches Bauen und die Nordkirche gewährten Fördermittel und mit den insgesamt etwa 36.000 Euro konnten Reinigung und Ausbesserung in Angriff genommen werden.
Restaurierung zum Antritt des Pastors
„Das ist ein tolles Erbe, für das ich sehr dankbar bin“, sagt Stephan Möllmann, der erst seit rund einem Jahr als Pastor in der Gemeinde arbeitet und die Restaurierung sozusagen als Antrittsgeschenk bekam. Mit dem Ergebnis ist er mehr als zufrieden: „Endlich haben die Figuren ihre alte Strahlkraft zurückerhalten!“
Besonders begeistert ist der 42-Jährige von dem Altargefach mit der Szene der Begegnung zwischen Maria und Elisabeth, die mit Johannes dem Täufer schwanger ist. „Anders als die Figuren in den anderen drei Gefachen sind Maria und Elisabeth direkt einander zugewandt. Sie strecken sich die Hände entgegen als Zeichen der Freude und des Willkommens – ich finde, das ist ein sehr schönes Bild dafür, wie zwischenmenschliche Beziehungen aussehen sollten.“
Im Stress und der Hetzerei des Alltags gehe diese bewusste und freundliche Begegnung der Menschen oftmals verloren, meint Pastor Stephan Möllmann. „Dabei ist es so wichtig, nicht nur nebeneinanderher zu leben, sondern Gemeinschaft zu pflegen und sich gegenseitig zu besuchen. Daran erinnern uns diese beiden Figuren.“
Gottesdienste nur noch an Feiertagen
Als der farbenfrohe Altar im 15. Jahrhundert nach Carwitz kam, war das kleine Dorf in der Feldberger Seenlandschaft noch eine selbstständige Pfarrei mit den dazugehörigen Kapellen in Feldberg, Laeven und Lüttenhagen.
Heute ist Carwitz Teil der Kirchengemeinde Feldberg und leider nicht mehr ganz so bedeutend wie einst, berichtet Pastor Möllmann: „Eine richtige Gottesdienstgemeinde gibt es in Carwitz derzeit nicht, deshalb wird hier nur noch an hohen Feiertagen ein Gottesdienst veranstaltet. Das ist eigentlich sehr schade, denn die Kirche ist zwar klein, aber fein.“ Davon können sich Besucher zum Beispiel jedes Jahr von Mai bis Oktober im Rahmen der Offenen Kirche und der Sommerkonzerte überzeugen. „Wer sich die Kirche und den Altar außerhalb der Saison anschauen will, kann im Pfarrbüro in Feldberg nach dem Schlüssel fragen“, erklärt Stephan Möllmann.