Der Bischof an der Nähmaschine

Einem Nähcafé für Flüchtlinge stattet Bischof Janssen einen Besuch ab. Er lobt die Arbeit der Einrichtung, besteht aber den Praxistest nicht.

Bischof Jan Janssen versucht sich an der Nähmaschine
Bischof Jan Janssen versucht sich an der NähmaschineJörg Nielsen / epd

Dinklage/Kr. Vechta. Ein Bischof an der Nähmaschine ist für die Frauen aus Syrien und Afghanistan schon ein etwas verstörender Anblick. Energisch schüttelt Aziza mit dem Kopf: Ganz so geschickt ist der Oldenburger Bischof Jan Janssen offenbar beim Praxistest doch nicht – so überlässt er der Syrerin rasch wieder den Platz.
Janssen besucht ein Nähcafé für und mit Flüchtlingsfrauen in der evangelischen Kirchengemeinde in Dinklage bei Vechta. Das ehrenamtliche Hilfsprojekt zeige beispielhaft, wie örtliche Netzwerke bundesweit Asylsuchende unterstützen können, sagt er. Gerade in Dörfern gebe es eine große Chance für gelingende Integration: "Die Begegnung von Angesicht zu Angesicht baut Fremdes ab und verhindert zugleich eine Gettoisierung."

Die Helfer sind ein "Segen"

Politik und Hilfsverbände sind sich längst einig, dass ohne die vielen Tausend freiwilligen Helfer die Betreuung der Flüchtlinge in Deutschland gar nicht bewältigt werden könne. Das sieht auch Bischof Janssen so: "Ich will Danke sagen, weil sie für etwas sorgen, das die Bibel Segen nennt." Unterschiedliche Religionen und Sprachen spielten bei den vielen kleinen Hilfsangeboten im Land keine Rolle. "Dann sorgt die Sprache der Hände für Verständigung."
In Dinklage treffen sich seit dem vergangenen Sommer jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat rund 20 Frauen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und dem Balkan mit Bewohnerinnen aus dem Ort zum Nähcafé. "Es geht hier nicht darum, den Flüchtlingsfrauen das Nähen beizubringen, sondern um die Begegnung", berichtet Mitinitiatorin Magdalene Schaller: "Hier genießen sie den Moment. Hier können sie die Sorge um eine mögliche Abschiebung für zwei Stunden vergessen."

Auch der Altdeutsche Apfelkuchen gehört dazu

Zu den Treffen im Nähcafé bringen alle Frauen etwas zu essen aus ihrer Heimat mit. Neben honigtropfenden Süßigkeiten gibt es herzhaftes Börek – das sind Blätterteigtaschen mit scharfen Rinderhack, Gemüse oder Schafskäse – und natürlich auch den Altdeutschen Apfelkuchen, sagt Johanna Fries aus Dinklage. "Das gemeinsame Essen und der Austausch von Rezepten schafft eine große Gemeinschaft." Das gelte umso mehr für die Handarbeit: "Beim Nähen begegnen wir uns wirklich auf Augenhöhe."
Jede Frau habe ihre eigene Geschichte und erzähle auch von der Heimat – vor allem wie schön es dort einmal gewesen sei, erzählt Schaller. Doch über Fluchtursachen und Fluchterfahrungen werde nur sehr wenig gesprochen. Diese Erinnerungen seien zu frisch und zu schmerzhaft. Mit einigen Frauen und Familien habe sie mittlerweile eine enge Freundschaft geschlossen.

"Hier werde ich respektiert"

Sireta aus Montenegro kommt regelmäßig zum Nähcafé. Sie sei dankbar für die Möglichkeit, hier neue Menschen kennenlernen zu können. In der Flüchtlingsunterkunft sei sie meist allein. "Doch hier habe ich Gemeinschaft, hier werde ich respektiert." (epd)