Den Glauben üben

Auch Jesus hat mit seinen Jüngern das Leben mit Gott eingeübt, schreibt Pastor Andreas Timm. Er ist Gefängnisseelsorger in Mecklenburg-Vorpommern.

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Lauft so, dass ihr den Siegespreis erlangt.“ 1. Korintherbrief 9, 24 b
„Du hast ja ein Ziel vor den Augen, damit du in der Welt dich nicht irrst, damit du weißt, was du machen sollst, damit du einmal besser leben wirst“ – dieses Lied haben wir damals in der Schule gelernt, natürlich unter anderem Vorzeichen. Seitdem haben wir eine Menge Ziele erreicht: Schulabschluss, Berufsausbildung, Familie … Nun, wir brauchen Ziele für unser Leben.
Wer ein Ziel hat, der lebt dafür. Sportler wissen das besonders. Wer an einem Wettkampf teilnehmen will, der muss so trainiert sein, dass Körper und Geist darauf vorbereitet sind. „Lauft, kämpft …“ Wir können uns gut vorstellen, dass Paulus Menschen vor Augen hatte, die sich auf so einen Sportwettkampf vorbereiten. Ja, er fühlte sich innerlich mit Sportlern verbunden, hatte er doch selbst etwas von der Haltung eines Langstreckenläufers. Nur war sein Ziel nicht ein Siegeskranz aus Lorbeer, sondern, die Botschaft Gottes in die Welt zu tragen. Das hat er sich auch für die Christen in Korinth gewünscht: Verfolgt euer Ziel so, wie es Sportler tun. Trainiert, übt euren Glauben!
Doch sich Glauben so anzueignen, wie man eine Leistung aus sich herausholt? Nein, das geht nicht. Er bleibt ein Geschenk. Aber das Üben gehört dazu wie das Pauken für eine Klassenarbeit, wie das Proben für das Chorsingen, wie die Weiterbildung zum Beruf. Ohne Übung wird das Leben schlapp – auch der Glaube.
Jesus hat mit seinen Jüngern das Leben mit Gott eingeübt. Wer sich in geistlichen Dingen nicht übt und beweglich hält, dem geht der innere Bezug zum Glauben verloren. Und dann wird undeutlich, was wir tun sollen, was von uns Christen heute gefragt ist. Nur wer hinhört und offene Augen hat, wird mitbekommen, wo und wie Gott sich in unserer Welt zeigt.
Wer betet, der übt, und wer in der Bibel liest, der trainiert seinen Glauben, und wer in einer Gemeinde mittut, weiß sich mit anderen Christen verbunden. Nur so können wir sagen: Hier zeigt sich Gott. So erfahren wir, was er mir bedeutet, was von meinem Leben erwartet wird. Das ist das Ziel.
Unser Autor
Pastor Andreas Timm
ist Gefängnisseelsorger in Bützow (Mecklenburg-Vorpommern).
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.