Das Zimmer zum neuen Leben

Ein ganzes Gebäude mit 21 Einzelzimmern – so soll Obdachlosen der Sprung von der Straße ermöglicht werden. Die ersten ziehen schon in den nächsten Tagen ein.

In kleinen Wohnungen sollen die Obdachlosen untergebracht werden
In kleinen Wohnungen sollen die Obdachlosen untergebracht werdenLHH

Hannover. Mit einem neuen Angebot wollen die Stadt und die Region Hannover obdachlose Menschen von der Straße holen. Das Modellprojekt „Plan B-OK“ verknüpfe die vorübergehende Unterbringung Wohnungsloser mit sozialer Beratung, sagt Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne): „Sie finden hier nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern ihre Lebenssituation soll sich nachhaltig verbessern.“ Dafür stellt die Stadt ein angemietetes und renoviertes Gebäude im Stadtteil Döhren zur Verfügung. Es bietet 21 Einzelzimmer auf mehreren Etagen: jeweils drei in sieben kleinen Wohnungen mit Küche und Bad. Zuvor waren hier Flüchtlinge untergebracht. Im Innenhof des Altbaus gibt es einen kleinen Garten und einen Fahrradschuppen.

Die künftigen Bewohner, die schon in den nächsten Tagen einziehen sollen, werden vom Deutschen Roten Kreuz betreut. Sie können jeweils bis zu drei Monate lang in einem der Zimmer wohnen. Tagsüber stehen ihnen Sozialarbeiter zur Seite, nachts Sicherheitsleute. Die Bewohner werden von Fachleuten aus der Wohnungslosenhilfe vorgeschlagen – ein besonders Augenmerk gilt dabei den Frauen. Das Projekt sei „eine sinnvolle Ergänzung zu dem bereits bestehenden städtischen Angebot in der Obdachlosen-Unterbringung“, sagte Hannovers Baudezernent Thomas Vielhaber.

Mehr Plätze in Planung

Langfristig wollen die Initiatoren das Projekt auf 70 Plätze in einem größeren Gebäude ausweiten. Für Immobilie und Betrieb hat die Stadt Kosten von rund 2,25 Millionen Euro für zunächst drei Jahre veranschlagt. Die Region steuert rund 600.000 Euro bei, überwiegend für die sozialpädagogische Betreuung. Die Abkürzung „OK“ im Projektnamen steht für Orientierung und Klärung.

In diesem Gebäude sollen die Obdachlosen leben
In diesem Gebäude sollen die Obdachlosen lebenLHH

Stadt und Region knüpfen damit an ein Modellprojekt an, bei dem von Frühjahr bis Herbst bis zu 100 obdachlose Menschen zunächst in einer Jugendherberge und später im Naturfreundehaus untergebracht waren. Dabei fanden viele von ihnen eine feste Unterkunft sowie eine Arbeit. „Auf diesen erfolgreichen Ansatz wollen wir aufbauen“, sagte Oberbürgermeister Onay. Gegen die Einstellung dieses Projektes im Oktober hatte es in der Stadt scharfen Protest gegeben.

Zwei Stiftungen unterstützen das neue Projekt mit zusammen 50.000 Euro: die Niedergerke-Stiftung des Ärzte-Ehepaars Ricarda und Udo Niedergerke und die Mut-Stiftung des Ehepaars Maria und Uwe Thomas Carstensen. „Menschen, die auf der Straße leben, sind vielfältig krank, körperlich und seelisch“, unterstrich Udo Niedergerke. „Deshalb ist es unverzichtbar, dass die betreut, begleitet und beschützt werden.“

Reaktion auf Kritik

Aufgrund der breiten Kritik am Auslaufen des Projektes vom Sommer gibt es in Hannover zurzeit bereits weitere von Stiftungen und Spendern finanzierte Nachfolgeprojekte, bei denen obdachlose Menschen in Hotels oder Gästehäusern überwintern. In der Stadt leben nach Schätzungen rund 3.000 Menschen ohne eigene Wohnung. Etwa 300 von ihnen schlafen im Freien. (epd)