Das war wichtig auf der Synode

Eine neue Kirchenverfassung und die Trauung für alle – das Parlament der hannoverschen Landeskirche hat einiges entschieden. Hier lesen Sie unseren Überblick.

Synode der Landeskirche Hannovers (Archivbild)
Synode der Landeskirche Hannovers (Archivbild)Jens Schulze / Landeskirche

Die hannoversche Landeskirche hat die Weichen für die Zukunft gestellt. Die Synode hat eine neue, grundlegend überarbeitete Kirchenverfassung verabschiedet. Sie soll in den nächsten Jahrzehnten die Grundlage für das kirchliche Leben in den 1.248 evangelisch-lutherischen Gemeinden zwischen Hann. Münden und der Nordsee bilden. Die Verfassung setzt auf mehr Chancen für die Jugend, schlankere Strukturen und auf den interreligiösen Dialog. Zudem beschreibt sie erstmals ausführlich das Verhältnis der Kirche zum demokratischen Rechtsstaat. Die Verfassung mit 87 Einzelartikeln löst die bisherige Kirchenverfassung aus dem Jahr 1965 ab. Sie soll zum 1. Januar 2020 in Kraft treten (Hier lesen Sie mehr zum Thema).

Homosexuellen Paar hat das Kirchenparlament den Weg zur kirchlichen Trauung geebnet. Die Synode hat einstimmig eine schriftliche Handreichung beschlossen, nach der gleichgeschlechtliche Paare vor dem Traualtar künftig genauso behandelt werden wie Paare von Frau und Mann. Beide Formen der Trauung sind in Deutschlands größter evangelischer Landeskirche damit völlig gleichgestellt. Der Bischofsrat erklärte in einem Synodenpapier, es gebe keine theologisch zwingenden Gründe, eine prinzipielle Differenz zwischen der Ehe von Menschen unterschiedlichen und gleichen Geschlechts beizubehalten. (Hier lesen Sie mehr zum Thema)

Landesbischof Meister Foto: Jens Schulze / Landeskirche

Angesichts sinkender Mitgliedszahlen hat der hannoversche Landesbischof Ralf Meister die Kirche aufgefordert, selbstkritisch ihre Traditionen zu reflektieren, ohne zugleich jedem Trend zu folgen. „Das braucht Wagnis und Risikomut“, sagte er. Noch bestünden Chancen, Innovationen auch zu finanzieren. „Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir in Zukunft handlungsunfähig sein.“ Überschüsse sollten deshalb nicht nach dem Gieskannenprinzip verteilt werden, sondern gezielt missionarische Initiativen und Ausrichtungen von Gemeinden fördern.

Die Parlamente der evangelischen Landeskirchen Braunschweig und Hannover sind in Braunschweig erstmals zu einer gemeinsamen Tagung zusammengekommen. „Das ist ein Ereignis von historischem Rang“, sagte der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns am Rande des Treffens dem epd. Eine gemeinsame Sitzung der Synoden habe es noch nie zuvor gegeben. Das Ziel sei „eine vertiefte Kooperation und ein engeres Miteinander des kirchlichen Lebens in Niedersachsens“, betonte Meyns. Was daraus erwachse, werde sich zeigen. Dass die Synoden-Mitglieder der hannoverschen Landeskirche sich jetzt auf den Weg nach Braunschweig machten, sei „ein starkes Signal der Geschwisterlichkeit“. (Hier lesen Sie mehr zum Thema)

Trotz rückläufiger Mitgliederzahlen sind die Kirchensteuer-Einnahmen in der hannoverschen Landeskirche erneut gestiegen. Sie kletterten im vergangenen Jahr von 566,5 auf 594,9 Millionen Euro, wie Finanzchef Rolf Krämer dem epd am Rande der Synode erläuterte. Das entspricht einem Zuwachs von 4,8 Prozent. Ursache sei die gute wirtschaftliche Gesamtlage. „Auch die Kirche profitiert von der niedrigen Arbeitslosenquote“, sagte Krämer. Der Finanzchef warnte jedoch vor zu viel Optimismus: „In der mittelfristigen Prognose werden die Kirchensteuern ebenso wie die staatlichen Steuer-Einnahmen wieder sinken.“

Dringende Schritte gegen die wachsende Wohnungslosigkeit hat die Diakonie angemahnt. Zwischen 2006 und 2018 sei die Zahl der Menschen ohne eigene Wohnung in Deutschland von 50.000 auf über eine Million angestiegen, sagte der Diakonie-Experte Jens Rannenberg vor der Synode. „Hier tickt insbesondere vor dem Hintergrund weiter steigender Mieten und abnehmender Sozialwohnungen ein soziale Bombe, die die Grundlagen unserer Demokratie bedroht.“ Rannenberg ist Vorsitzender des Diakonie-Ausschusses im Kirchenparlament der hannoverschen Landeskirche und Vorstand der Dachstiftung Diakonie in Hannover und Gifhorn. Nach seinen Angaben klafft die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland immer weiter auseinander.

Ihre Anstrengungen für den Klimaschutz will die hannoversche Landeskirche verstärken. „Wir haben in unserer Landeskirche ganz viele Möglichkeiten“, sagte der Umweltreferent der evangelischen Landeskirche, Reinhard Benhöfer. Diese müssten auch genutzt werden, aber daran hapere es noch. Darin sei die Kirche ein Abbild der Gesellschaft, betonte Benhöfer. „Das Umweltbewusstsein in Deutschland ist genial gut. Aber die Bereitschaft, daraus Konsequenzen für die private Lebensführung zu ziehen und auch bereit zu sein, politische Entscheidungen zu tragen, die wehtun, ist extrem gering.“

Einen Appell hat die Synode an die evangelische Kirche gerichtet. „Es ist jetzt Zeit dafür, den Prozess ‚Kirche der Zukunft‘ anzuschieben“, sagte der Vorsitzende des zentralen Landessynodalausschusses, Jörn Surborg. Im Mittelpunkt werde dabei die „Beziehungspflege“ stehen. Surborg bezog sich auf eine Studie Freiburger Wissenschaftler, nach denen sich die Mitgliederzahl und die Finanzkraft der Kirchen in Deutschland bis zum Jahr 2060 halbieren wird.Bereits jetzt müsse die Kirche auf die künftigen Entwicklungen reagieren und die nötigen Steuerungsprozesse einleiten. Dazu gehöre das Zugehen auf Ausgetretene und mehr Flexibilität bei Taufwünschen, sagte Surborg. (epd)