Darum gehört zum Christsein auch Durchhalten

Zum Terror von Paris macht sich Hanns-Peter Neumann Gedanken. Er ist Polizei- und Notfallseelsorger in MV. Seine Einsichten.

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: "Siehe, der Bräutigam kommt!" (Matthäus 25,6)
Menschen, an einem grauen Novembertag an Gräbern. Menschen, entsetzt über die schrecklichen Taten in Paris. Gedanken an Untergang und Endzeit. Dazu ein Gleichnis Jesu, in dem es auch um Endzeit geht – in anderen Bildern. Der geschmückte Saal erwartet die Gäste. Eine Hochzeit soll gefeiert werden; nur der Bräutigam fehlt noch. Ihn zu empfangen stehen Mädchen bereit mit ihren Lampen. In einer Zeit, in der viele davon ausgehen, dass alles schlechter wird, sagt uns Jesus: Nicht das Dunkle wird siegen, sondern das Licht eines neuen Morgens. Ihr werdet eine neugeschaffene Welt erleben ohne Angst.
Aber es dauert. Der Bräutigam lässt auf sich warten. Wie waren die ersten Christen enttäuscht, als ihre Gegner immer noch an der Macht waren, als die ersten starben, ohne die Wiederkunft Christi zu erleben. Doch während sie warteten, breitete sich die frohe Botschaft aus. Wartezeit ist auch Gnadenzeit. Uns Menschen fällt das Warten schwer. Unser irdisches Leben ist kurz und anstrengend, so werden wir leicht ungeduldig oder schläfrig. Nicht nur die fünf Törichten übermannt der Schlaf, sondern auch die fünf Klugen. Der Unterschied ist die Art der Vorbereitung.

Wohl dem, der zehren kann!

Christen zwischen den Zeiten warten. Aber es ist ein gefülltes Warten. Es ist eine Zeit, in der man sich in der Welt seiner Verantwortung stellt. Auch wenn das Leben kurz ist – wir können diese Verantwortung spüren und leben. Die Klugen sind sich bewusst, dass beim Warten die Begeisterung nachlassen kann und dass zum Christsein auch Durchhaltevermögen gehört. Dazu brauche ich regelmäßigen Kontakt zu Gott, neue Glaubensanstöße, brauche die Glaubensgeschwister, die mir Mut machen können. Irgendwann brennt jede Glaubenslampe herunter. Wir kennen auch Zeiten, in denen wir keine Lust mehr haben zu kämpfen oder zu hoffen oder zu lieben.
Wohl dem, der jetzt noch zehren kann von der stillen Stunde im Gebet mit Gott, von dem Psalm, den er auswendig kann, den Liedern, der Glaubensgemeinschaft. Jede Stunde mit Gott, jeder Moment der Dankbarkeit, jedes fröhliche Lied kann irgendwann zu dem Öl werden, das meine Lampe wieder brennen lässt, wenn es heißt: „Siehe, der Bräutigam kommt!“

Unser Autor

Hanns-Peter Neumann ist Polizei- und Notfallseelsorger in Mecklenburg-Vorpommern.
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.