Darf man? Oder sollte man lieber nicht?

Ob Gottesdienste zum Fest stattfinden sollen, ist keine einfache Frage. Erste Gemeinden im Norden haben ihre Veranstaltungen abgesagt, sogar ein ganzer Kirchenkreis rät dazu. Und in Schleswig-Holstein macht eine Sonderregel Probleme.

Viele Kirchenbänke müssen leer bleiben – wegen der Hygiene-Regeln
Viele Kirchenbänke müssen leer bleiben – wegen der Hygiene-RegelnChristine Senkbeil

Was wird aus den Gottesdiensten zu Weihnachten? Diese Frage beschäftigt die Kirchen im Norden momentan, nachdem Gottesdienste trotz des Lockdowns erlaubt bleiben. Allerdings sind die Hygiene-Regeln verschärft worden: Auch am Platz muss Maske getragen werden, Gesang der Gemeinde ist verboten und Besucher müssen sich vorher anmelden. Von einer maximalen Zahl der Besucher ist in dem Beschluss nicht die Rede.

Eine solche Grenze hat Schleswig-Holstein jetzt eingeführt. Höchstens 50 Besucher dürfen in Kirchen zusammenkommen, 100 Menschen bei Veranstaltungen unter freiem Himmel. Von einem „vertretbaren Rahmen“ spricht der Schleswiger Bischof Gothart Magaard. Die Kirche habe in den vergangenen Tagen intensive Gespräche mit dem Land geführt. „Dass wir alle eine große Verantwortung tragen, ist uns dabei sehr bewusst“, sagt der Theologe.

Kritik an Sonderregel

Deutlich kritischer sieht die katholische Kirche die Sonderregel für Schleswig-Holstein. „Wir hätten uns eine Umsetzung der Bund-Länder-Beschlüsse gewünscht und sind von der Einführung einer Obergrenze enttäuscht“, sagte die Leiterin des Katholischen Büros Kiel, Beate Bäumer, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Weil selbst in viele kleinere Kirchen in Schleswig-Holstein unter Einhaltung des Mindestabstands 60 bis 70 Menschen passen würden, bedeute dies für viele eine große Einschränkung. „Insbesondere zu Weihnachten ist es hart, wenn Besucher weggeschickt werden müssen.“

Bischof Gothart Magaard
Bischof Gothart MagaardMarcelo Hernandez / Nordkirche

Einige Gemeinden schaffen Fakten – und sagen ihre Gottesdienste am Heiligabend und an Weihnachten ab. Der Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf empfiehlt seinen Gemeinden, auf Veranstaltungen bis zum 10. Januar, dem geplanten Ende des Lockdowns, zu verzichten. „Aus meiner Sicht müssen wir gerade als Kirche verantwortungsbewusst abwägen, welches Zeichen wir mit unserem Tun setzen“, schreibt Propst Thomas Bergemann in einer Empfehlung.

Auch in den Lübecker Kirchen St. Marien, St. Jakobi und im Dom finden zum Fest keine Gottesdienste statt. In der Hansestadt liegt der Inzidenzwert am Mittwoch mit 170,9 knapp unter der kritischen Marke von 200. Weitere Gemeinden im ganzen Bundesland überarbeiten nach Auskunft der Schleswiger Bischofskanzlei ihre Konzepte für Gottesdienste.

Zumutbare Verantwortung

In Mecklenburg-Vorpommern hatten einige Gemeinden bereits vor dem Lockdown auf Gottesdienste verzichtet. Im Schweriner Dom und in den Rostocker Innenstadtkirchen sollen dagegen Gottesdienste in kleinem Rahmen gefeiert werden. In Hamburger Gemeinden laufen Beratungen, informiert Monika Rulfs, Sprecherin des Kirchenkreises Hamburg-West / Südholstein. Sie geht von einigen Absagen aus.

Mit dem Michel hält das Hamburger Wahrzeichen aber an den Zusammenkünften zum Fest fest, wie Pressesprecherin Ines Lessing sagt. Allein Heiligabend finden acht Gottesdienste statt – jeweils im Wechsel in der Kirche und im Freien. Belegt sind nur 250 Plätze, etwa zehn Prozent des Fassungsvermögens. Alle Kontingente sind bereits ausgebucht. Für die Krippenandachten ab Freitag, 25. Dezember, sind online noch Karten erhältlich.

Grundsätzlich entscheiden die Gemeinderäte und Pastoren vor Ort, ob die Gottesdienste zu Weihnachten stattfinden, wie Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt in einem Video betont. „Verantwortung ist Christenmenschen zumutbar“ sagt die Theologin. Sie traue den Entscheidungsträgern vor Ort zu, verantwortliche Entscheidungen zu treffen. Allerdings schränkt sie ein: „Mancherorts gehen die Ansichten zur Frage von Präsenzgottesdiensten weit auseinander.“ Wer sich nicht mit voller Überzeugung für einen Präsenzgottesdienst entscheide, solle lieber ein anderes Format wählen.

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister betonte bei einem im Internet übertragenen Live-Talk, wie wichtig Gottesdienste zum Fest seien. Dass Weihnachtsgottesdienste weiterhin möglich bleiben, sei gerade unter dem Aspekt der Seelsorge wichtig. Unter strikter Einhaltung aller Vorsichts- und Hygienemaßnahmen sollten die Feiern in Kirchen oder im Freien aus seiner Sicht zu einem „Signal der Stärkung“ für die Menschen werden, sagt der Theologe in der Reihe „Auf ein Wort“ der Hanns-Lilje-Stiftung. Eine Kirchensprecherin aus Hannover sagte dem epd: „Wir ermutigen die Gemeinden, an ihren Plänen festzuhalten, dies schließt Präsenz-Gottesdienste mit ein.“

Info
Termine der Hamburger Weihnachtsgottesdienste finden sich hier.