Danke, „Onkel Wackelflügel“!

Mitten in der Heide, in Faßberg, gab es im März einen Gedenkgottesdienst für die Berliner Luftbrücke. Eine besondere Erinnerung galt dem Piloten Gail S. Halvorsen, der im Februar dieses Jahres starb.

Hauptmann Martin Sagehorn, Militärpfarrer Burkhard Schmelz, Militärpfarrer Florian Hemme, Oberstleutnant Ludger Osterkamp (v.l.) beim Gedenkgottesdienst an die Berliner Luftbrücke in Faßberg
Hauptmann Martin Sagehorn, Militärpfarrer Burkhard Schmelz, Militärpfarrer Florian Hemme, Oberstleutnant Ludger Osterkamp (v.l.) beim Gedenkgottesdienst an die Berliner Luftbrücke in FaßbergCarsten König

Faßberg. Seit 100 Tagen leite ich das Evangelische Militärpfarramt Faßberg mitten in der Lüneburger Heide. Ein besonderes Erlebnis möchte ich an dieser Stelle gern mit Ihnen teilen. Am 15. März fand in Faßberg ein ganz besonderer Standortgottesdienst statt. Als Militärseelsorge hatten wir gemeinsam mit dem Förderverein für die Erinnerungsstätte Luftbrücke Berlin in Faßberg zu dem Standortgottesdienst ins Faßberger Luftbrückenmuseum eingeladen. Und so konnten wir am Dienstagmorgen um 7.45 Uhr mehr als 70 Menschen vor dem Flieger im Luftbrückenmuseum begrüßen. In dem Gottesdienst wurde auch dem jüngst verstorbenen Luftbrücken­piloten Gail S. Halvorsen gedacht, der am 16. Februar 2022 im Alter von 101 Jahren verstarb.

Im Rahmen des Gottesdienstes würdigte der 1. Vorsitzende des Fördervereins für die Erinnerungsstätte Luftbrücke Berlin e.V. in Faßberg, Oberstleutnant Ludger Osterkamp, das Leben und prägnante Wirken von Colonel (Oberst) Gail Seymour Halvorsen während der Berliner Luftbrücke in den Jahren 1948/49 und darüber hinaus.

Süßigkeiten für Kinder

Es war Halvorsens Idee, während der Blockade West-Berlins „Candy“, also Süßigkeiten, für die Kinder abzuwerfen. Als erster „Candy Bomber“ wurde der junge Pilot zum Symbol für die Hilfsaktion. Mit fast 280 000 Flügen brachten Amerikaner, Briten und Franzosen von Juni 1948 bis Mai 1949 den mehr als zwei Millionen Einwohnern Berlins Lebens­mittel und Kohle.

Wie der Spitzname entstand

Die Idee mit den Süßigkeiten sei ihm gekommen, als er eines Tages am Ende des Rollfelds auf dem früheren Flughafen Tempelhof eine Gruppe Kinder hinter einem Stacheldrahtzaun getroffen habe. „Ich hatte noch zwei Streifen Kaugummi, die sie sich in kleinen Stücken teilten“, erzählte Halvorsen dem „Radio Berlin Brandenburg“ (rbb) vor einigen Jahren. „Ich versprach ihnen, am nächsten Tag mehr Süßigkeiten abzuwerfen. Und weil ja alle paar Minuten ein Flugzeug landete, würde ich als Erkennungszeichen beim Anflug mit den Flügeln wackeln.“ Das habe ihm den Spitznamen „Onkel Wackel­flügel – Mr. Wigglywing“ eingebracht, erzählte Halvorsen dem rbb.

In seiner Ansprache sagte Oberstleutnant Osterkamp: „Die Geschichte des Candy Bombers ist aber mehr. Halvorsen stand zeitlebens für Versöhnung, Nächstenliebe und Freundschaft. Sein mutiges Engagement und seine Empathie machten ihn zeitlebens zu einem Vorbild. Er hat mit kleinen süßen Botschaften den Berlinern und Berlinerinnen sowie einem zerrissenen Deutschland in schwierigen Zeiten den Weg in eine bessere Zukunft gezeigt.“

Gebet zum Abschluss

Nach der Predigt und einigen Liedern beendeten wir den Gottesdienst mit dem Versöhnungsgebet von Coventry. Ein Dank geht auch an dieser Stelle an die Soldaten des Standortes Faßberg, die ein großes Zelt für den Gottesdienst aufgebaut haben, an Hauptmann Martin Sagehorn, der den Gottesdienst an der Gitarre musikalisch gestaltet hat, sowie an die Pfarrhelferinnen Petra Winterhoff und Michaela Klein.

100 Tage als Militärseelsorger liegen hinter mir, mindestens noch 2190 Tage liegen vor mir. Ich freue mich auf die weiteren Begegnungen an den Standorten, im Lebenskundlichen Unterricht, in den Gottesdiensten, bei den Rüstenzeiten und den Konventen.
Bleiben Sie gesund und wohlbehütet­.

Unser Autor
Florian Hemme ist Pfarrer im Militär­pfarramt Faßberg.