Nach Razzia: Letzte Generation will weiter kleben

Jetzt reagieren die Klima-Aktivisten auf die Hausdurchsuchungen: Sie sagen, sie wollen weitermachen. Der Vorwurf der Münchner Staatsanwaltschaft wiegt dabei schwer.

Die Staatsanwaltschaft München hat die Website der Letzten Generation abschalten lassen
Die Staatsanwaltschaft München hat die Website der Letzten Generation abschalten lassenImago / Jürgen Held

Die Polizei ist mit Wohnungsdurchsuchungen in sieben Bundesländern gegen Klimaaktivisten der Letzten Generation vorgegangen. Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bei der Generalstaatsanwaltschaft München. Es bestehe der Verdacht der Begehung von Straftaten durch Mitglieder der Letzten Generation, teilte das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) mit. Während die Letzte Generation die Aktion verurteilte, verteidigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das Vorgehen der Ermittlungsbehörden.

Die Durchsuchungen fanden an insgesamt 15 Orten statt. Festnahmen gab es keine. Der Vorwurf gegen insgesamt sieben Beschuldigte zwischen 22 und 38 Jahren lautet Bildung oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.

Internetseite nicht erreichbar

Die Sprecherin der Letzten Generation, Aimée van Baalen, sagte, die Klimaaktivisten seien nicht kriminell: „Alles, was wir tun, ist transparent.“ Seit Mittwoch ist die Internetseite der Letzten Generation nicht mehr zu erreichen. Van Baalen verwies auf der Pressekonferenz in der evangelischen Reformationskirche in Berlin auf Maßnahmen der Justiz.

Zugleich kündigte sie weitere Aktionen an. So solle es Protestmärsche in Berlin, München und Leipzig geben. „Die Bundesregierung führt uns gerade sehenden Auges in eine Klimahölle.“ Deshalb müsse dagegen weiter Widerstand geleistet werden, sagte van Baalen.

Zu den Hauptbeschuldigten des Ermittlungsverfahrens zählt nach einem Bericht der Augsburger Allgemeinen die Sprecherin und Mitbegründerin des Aktionsbündnisses, Carla Hinrichs. Die Zeitung beruft sich dabei auf den ihr vorliegenden Durchsuchungsbeschluss. Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten vor, 1,4 Millionen Euro an Spendengeldern gesammelt zu haben, die auch zur Begehung von Straftaten eingesetzt wurden. Im Zuge der Ermittlungen waren laut LKA auch zwei Konten beschlagnahmt worden. Zwei Beschuldigte stehen zudem im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Öl-Pipeline Triest-Ingolstadt zu sabotieren.

Nach den Worten von Bundesinnenministerin Faeser zeigen die Maßnahmen, dass der Rechtsstaat sich nicht auf der Nase herumtanzen lasse. Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser nannte die Hausdurchsuchungen dagegen „vollkommen unverhältnismäßig“: Besorgte Menschen würden kriminalisiert, „während Klimaziele weiter ignoriert und fossile Ausbeutung vorangetrieben werden.”

„Völlig absurd“

Der Nürnberger Klimaaktivist und Jesuitenpater Jörg Alt sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), er habe „ein solches Vorgehen“ der Ermittlungsbehörden nie für möglich gehalten. Das Abschalten der Website nannte er völlig absurd. In einer gemeinsamen Erklärung der rechtspolitischen Sprecher der Linkspartei in den Landtagen und im Bundestag wurde die uneingeschränkte Wahrung von Grund- und Menschenrechten im Umgang mit zivilgesellschaftlichen Klimaprotesten angemahnt und vor weiterer Kriminalisierung der Klimaaktivisten gewarnt.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hat Verständnis für die bundesweite Razzia gegen Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ gezeigt. „Wenn sie rechtswidrig agieren, dann muss das auch Folgen haben“, sagte die Theologin am Mittwoch am Rande der westfälischen Landessynode in Bielefeld. „Wir haben als Kirche ja auch deutlich für das Recht einzutreten, und der Rechtsfrieden ist uns genauso wichtig wie der Erhalt all dessen, wovon wir sonst leben.“ Sie halte aber nichts davon, die Klimaaktivisten etwa als „Klima-RAF“ zu denunzieren.

EKD mahnt: Es ist nicht mehr viel Zeit

Kurschus betonte, die evangelische Kirche teile die Klimaschutzziele der Aktivisten und sehe auch die Dringlichkeit des Klimaschutzes: „Es ist nicht mehr viel Zeit und es steht dringlich an, ernst zu machen mit all den Maßnahmen, die in der Politik eigentlich unumstritten sind, nur nicht beherzt angepackt werden“, sagte die westfälische Präses.