Brücke zum Reich Gottes

Wie alltagstauglich ist die Botschaft von Weihnachten? Das fragt sich Pastor Tilman Baier, Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Mecklenburgischen & Pommerschen Kirchenzeitung.

Rainer Oettel / epd

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Gott spricht: Siehe, was ich früher verkündigt habe, ist gekommen.“ aus Jesaja 42, 1-9

Am Sammelplatz neben dem Altpapiercontainer stapeln sich die abgeschmückten Tannenbäume. Der Alltag hat uns wieder. Während ich Engel, Pyramide und Strohsterne verpacke, steht die Frage im Raum: Was bleibt vom Christfest 2021? Da ist vor allem Dankbarkeit: Dass die Christvesper trotz Pandemie stattfinden konnte. Dass wir sogar die altvertrauten Lieder, wenn auch mit Mundschutz, als Gemeinde singen durften. Dass das Zusammensein im Familienkreis trotz mancher Einschränkungen fröhlich war. Und dass bei uns über die Feiertage Schnee lag.

Doch was bleibt von der Botschaft dieses Festes, von dem anrührenden Bild des frisch geborenen Kindes in der Krippe? Von dem Ruf der Engel, dass in ihm, zart und verletzlich, der allmächtige Gott selbst in die Welt gekommen sei? Ist das alltagstauglich?

Die am Donnerstag begonnene Epiphaniaszeit als zweiter Teil des Weihnachtsfestkreises hilft mir, eine Brücke zu schlagen vom Fest in den Alltag. Eine Brücke vom Kind in der Krippe zu dem erwachsen gewordenen Jesus, der mit seiner Predigt vom anbrechenden Reich Gottes, durch seine Passion und Auferstehung zum Licht der Welt geworden ist. Nicht umsonst ist das Epiphaniasfest sowohl von dem Besuch der Weisen, die einem Stern zu diesem neugeborenen Kind folgten, als auch von der Taufe Jesu im Jordan geprägt. In beiden Evangelientexten geht es letztlich darum, dass in diesem Jesus Gott selbst in dieser Welt erschienen ist und sich ihr und damit uns aussetzt, uns zur Heilung.

Der Predigttext für diesen Sonntag aus dem Buch des Propheten Jesaja schlägt ebenso eine Brücke: Hatten wir Heiligabend die vertrauten Weissagungen aus Jesaja 11 gehört, werden diese nun in Kapitel 42, mitten im tristen Alltag des Exils, bekräftigt. Auch dort, so die Botschaft, steht Gott zu seinem Wort, uns nicht allein zu lassen. Und ich beschließe, den Herrnhuter Stern doch noch nicht wegzupacken.

Unser Autor
Tilman Baier ist Pastor und Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Mecklenburgischen & Pommerschen Kirchenzeitung.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Dienstag.