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Blume des Jahres 2026 ist der Feldrittersporn

Die Loki-Schmidt-Stiftung hat eine neue Blume des Jahres gekürt: den Feldrittersporn. Die Pflanze gilt als bedroht. Außerdem ist sie giftig – und trotzdem eine beliebte Tee-Zutat.

Wer ihn entdeckt, erlebt gleich zweifach ein blaues Wunder. Erstens leuchtet der Feldrittersporn dank seiner Blüten geradezu, und zwar tintenfarben, mit einem Stich Violett drin. Zweitens erstrahlt diese Art in Deutschland immer seltener, denn die Intensivierung der Landwirtschaft macht ihr zunehmend den Garaus. Darum hat die Hamburger Loki-Schmidt-Stiftung den Feldrittersporn am Donnerstag zur Blume des Jahres 2026 bestimmt. “Consolida regalis” – so der botanische Name – folgt auf das Sumpf-Blutauge.

Der Feldrittersporn ist eine giftige, einjährige Pflanze von 15 bis 50 Höhe und zart-ästigem Wuchs. Im oberen Bereich entwickelt die Blume einen lockeren Blütenstand mit auffälligen Einzelblüten, die jeweils einen namensgebenden Sporn tragen, in dem sich der Nektar befindet.

Die Stiftung will mit der Wahl nach eigenen Angaben auf den “dramatischen Artenschwund in den Agrarlandschaften” aufmerksam machen. “Äcker gehören neben den Wäldern zu den flächenmäßig größten Ökosystemen Deutschlands”, heißt es. “Mehr als 350 Pflanzenarten, etwa 10 Prozent der mitteleuropäischen Gefäßpflanzen, sowie zahlreiche Säugetiere, Insekten, Vögel und Amphibien waren in diesen Lebensräumen einst heimisch.”

Doch seit Jahrzehnten würden immer größere Maschinen und immer mehr Gift und Dünger auf immer größeren Feldern eingesetzt. Die Stiftung nimmt noch eine weitere Entwicklung, nun ja, aufs Korn: “Auch die Saatgutaufbereitung ist ein wichtiger Grund für die Abnahme der wildwachsenden Pflanzen auf den Äckern, da ihre Samen nun nicht mehr wie früher mit denen der Kulturpflanzen ausgebracht werden.” All dies habe dazu geführt, dass Agrarwildkräuter wie der Feldrittersporn und mit ihnen viele Tierarten in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgedrängt worden seien.

Die Blume steht heute in allen Bundesländern auf der Roten Liste der gefährdeten Arten, in Hamburg gilt sie schon als ausgestorben. Die schönen blauen Flecken im Getreide, sie machen sich vom Acker.

Mit dem Gewächs droht ein Stück lebendiger Geschichtsunterricht zu verschwinden. Denn es verweist auf eine bedeutende Episode der Menschheitshistorie: “In der Neolithischen Revolution vor etwa 9.000 Jahren wurde der Ackerbau im Fruchtbaren Halbmond Mesopotamiens erfunden und hat sich anschließend mit Migrationsbewegungen bis nach Europa ausgebreitet”, erklärt die Schmidt-Stiftung. Nicht nur Getreidesorten, auch Wildpflanzen seien so in neue Lande gewandert. Mit der Zeit habe sich ein artenreiches Zusammenspiel von Ackerwildkräutern, Feldtieren und Nutzpflanzen entwickelt.

“Was über Jahrtausende entstand, wird nun in nur wenigen Jahrzehnten zerstört”, kritisiert die Stiftung. Zugleich schlägt sie Gegenmaßnahmen vor: “Einzelne Blühstreifen entlang von Feldern oder die Wiederanlage von Knicks und Feldgehölzen können wichtige Rückzugsräume für bedrohte Arten schaffen.” Für den langfristigen Schutz der Artenvielfalt brauche es allerdings mehr: schonende Bewirtschaftungsformen, Gift-Verzicht, naturnahe Ausgleichsflächen.

Auch jede und jeder Einzelne kann der Natur helfen. Im Garten oder auf dem Balkon lassen sich etwa heimische Blumen pflanzen, die wiederum heimischen Tieren als Nahrungsquelle dienen – anders als viele exotische Gewächse oder opulente Zuchtsorten. Wildpflanzen kauft man am besten bei spezialisierten Gärtnereien, die ihre Ware meist auch versenden. Adressen führt der Verein für naturnahe Garten- und Landschaftsgestaltung unter naturgarten.org/mitgliedsbetriebe auf. Samentütchen des Feldrittersporns gibt es manchmal auch in gewöhnlichen Baumärkten zu kaufen.

Da zuzugreifen, lohnt sich insbesondere für Leute, die Obst und Gemüse anbauen. So schreibt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft über den Rittersporn: “Wächst er im Erdbeerfeld, lockt er die Bestäuber dorthin und auch andere Nützlinge zieht er an.”

Auch anderweitig ist die Blume dem Menschen hilfreich: Früher wurde sie laut Kosmos-Naturführer “Was blüht denn da?” als Wund- und Geburtshilfemittel sowie zum Färben von Wolle eingesetzt. “Heute mischt man die Blütenblätter wegen ihrer Farbe in Tees. Sie enthalten zwar Alkaloide, sind aber im Gegensatz zu den anderen Pflanzenteilen unbedenklich.” Dann mal prost – auf die neue Jahresblume!