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Bittersüße Liebesgeschichte “Punch-Drunk Love”

Ein zwischen bissiger Satire und Drama changierender Mehrteiler nach realen Ereignissen um Klassendünkel und Bigotterie, inszeniert von Stephen Frears und basierend auf einem realen Polit-Skandal aus den 1970ern.

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

Der junge Unternehmer Barry Egan (Adam Sandler) fühlt sich sowohl von den Anforderungen seines Jobs als auch von seinen sieben Schwestern unter Druck gesetzt, so dass sich seine Frustration regelmäßig in blinder Zerstörungswut Bahn bricht. Auch in Liebesdingen ist er erfolglos und als er in seiner Einsamkeit eine Telefonsex-Hotline anruft, sieht er sich der Erpressung durch deren schmierigen Betreiber (Philip Seymour Hoffman) ausgesetzt. Erst als er sich in die unscheinbare junge Lena (Emily Watson) verliebt, findet er die Kraft zum Wandel.

Mit seiner bittersüßen Liebesgeschichte überraschte Paul Thomas Anderson 2002 in Cannes, zumal er zwar nicht als erster, aber bis dahin am erfolgreichsten den als Krawallkomiker verschrienen Adam Sandler in einer anspruchsvollen Rolle zum Brillieren brachte. Neben der Anonymität der Moderne erzählt Anderson vom Triumph der Intimität und setzt auf ein kleines Ensemble, in dem beide Hauptdarsteller bezaubern. – Ab 14.

Adam Sandler wird gerne als Chaos-Komiker abgetan. Tatsächlich sind seine Werke keine Bereicherung der Filmgeschichte. Doch Sandler hat das Talent, selbst lieblosen Klamauk-Produktionen Momente der Rührung abzugewinnen, indem er konsequent den Sanftmut seiner bescheidenen Helden in den Mittelpunkt stellt. Dementsprechend verkörpert er weder strahlende Sieger-Typen noch zynische Besserwisser, sondern kleine Verlierer mit großen Herzen, die selbst dann nicht zu wahrer Bosheit fähig sind, wenn sie herbe Schicksalsschläge einstecken müssen.

In Paul Thomas Andersons Drama “Punch-Drunk Love” verkörpert der ehemalige Stand-Up-Komiker Sandler einen Mann, der mit den Augen eines Kindes in eine viel zu hektische, viel zu komplexe, viel zu unfreundliche Welt blickt. Sandler spielt Barry Egan, einen Geschäftsmann, der sich nicht nur mit den Widrigkeiten des Unternehmertums, sondern auch mit dem permanenten Psychoterror seiner Schwestern herumschlagen muss. Ohne Unterlass drängen sie ihn in die Rolle des neurotischen Außenseiters, so dass sich Barrys Frustration regelmäßig in unkontrollierter Wut Bahn bricht. Bis er eines Tages die hinreißende Lena kennen lernt und sich auf den ersten Blick in sie verliebt. Nun hat sein Leben ein Ziel, das er mit der ihm eigenen Beharrlichkeit verfolgt.

Wenn man ganz am Anfang sieht, wie Barry allein an seinem Schreibtisch in einer riesigen Fabrikhalle sitzt, dann ahnt man seine Einsamkeit. Das Leben hat ihn enttäuscht – so sehr, dass er sich auf der Suche nach menschlichem Kontakt nicht anders zu helfen weiß, als eine Telefonsex-Agentur anzurufen. Doch die Frau am anderen Ende der Leitung verhilft ihm nicht zur ersehnten Illusion der Nähe, sondern missbraucht seine Daten für verbrecherische Zwecke: Vertrauen ist ein rares Gut in “Punch Drunk Love”, so dass jede Form von Romantik wie eine märchenhafte Utopie erscheinen muss. Dennoch ist Barry bereit, mit allen Mitteln für diese Utopie zu kämpfen.

Als Lena ihm nach dem ersten Date per Telefon mitteilt, dass sie ihn gerne zum Abschied geküsst hätte, rennt er sofort los, um zu ihr zurückzukehren. Aber da der Mietkomplex, in dem sie wohnt, aus sterilen und uniformen Korridoren besteht, deren kaltes Licht im krassen Gegensatz zur Wärme einer menschlichen Behausung steht, irrt er orientierungslos durch die Gänge und verläuft sich auf seiner rastlosen Suche nach der richtigen Tür. Aber er gibt nicht auf, bis er Lena schließlich in den Armen hält.

Leider gibt sich Anderson nicht damit zufrieden, vom Triumph der Intimität über die Anonymität der Moderne zu erzählen. Statt sich auf diesen Kern der Geschichte zu konzentrieren, verliert er sich in Seitensträngen und inszenatorischem Selbstzweck, der seinen Kunstwillen ausstellt, ohne die Story voranzutreiben. Andersons Selbstgefälligkeit ist umso ärgerlicher, als seine Figuren mehr Aufmerksamkeit nicht nur nötig, sondern auch verdient hätten. Trotz Sandlers Kunst bleibt Barry Egan ein synthetisches Neurosenbündel, in dem man eher die Absichten des Regisseurs erkennt, als dass er sich zu einem lebendigen Charakter entwickeln würde. Emily Watson hat es noch härter getroffen: Ihre Rolle als Lena bleibt derart unscharf, dass sich ihr Charakter im Grunde auf eine blanke Projektionsfläche für Andersons Konzept der reinen Romantik reduziert.

Dennoch funktioniert “Punch-Drunk Love” als bitter-süße Liebesgeschichte, deren Herzlichkeit letztlich über Andersons Hang zum Artefakt triumphiert. Denn Sandlers Talent, den guten Kern seiner Charaktere bloßzulegen, setzt sich auch diesmal gegen die Mängel des Films durch. Selbst wenn Barry Egan die Einrichtung einer Restaurant-Toilette demoliert oder die Wohnzimmerfenster seiner Schwester eintritt, zweifelt man keine Sekunde an der Reinheit seines Herzens.