Bischof Meister entschuldigt sich für Diskriminierungen Homosexueller

Das Thema sei in den vergangenen Jahrzehnten theologisch sehr umkämpft diskutiert worden – aber oft menschlich kränkend, sagt der Theologe unter dem Beifall der Kirchenparlamentarier. Doch das „Urbild“ eines Paares gebe die Bibel vor.

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Hannover. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat sich öffentlich für alle Diskriminierungen gegenüber homosexuellen Mitgliedern seiner Landeskirche in der Vergangenheit entschuldigt. "Ich bitte dafür um Verzeihung", sagte er unter dem Beifall der Kirchenparlamentarier vor der Landessynode in Hannover. Die Landeskirche habe einen "langen, intensiven, diskussionsfreudigen und kontroversen Gang" in Bezug auf homosexuelle Partnerschaften hinter sich, der mehr als 30 Jahre gedauert habe, betonte der Theologe.
Kaum ein anderes Thema sei in den vergangenen Jahrzehnten so intensiv und leidenschaftlich, "aber auch theologisch so kämpferisch im Ringen um Wahrheit und zugleich oft menschlich kränkend und sozial diskriminierend behandelt worden wie dieses", sagte der Bischof. Die Kirche stehe im Blick auf die Institution der Ehe vor Neuorientierungen. Dabei gehe es nicht darum, die traditionelle Ehe leichtfertig infrage zu stellen, sondern sie zu öffnen. 

"Urbild" des Paares aus der Bibel

Meister bezog sich in seinem Bericht auf den Bundestagsbeschluss zur "Ehe für alle", der Ende Juni auch gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung ermöglicht hatte. Zwar bleibe für ihn das biblische Vorbild eines Paares von Mann und Frau das "Urbild" für die Zweiergemeinschaft, denn in ihm finde sich die biologische Voraussetzung für die Familie, sagte er. "Dennoch trenne ich zwischen Ehe und Familie klar. Eine Zweisamkeit in Verbindlichkeit und Treue steht auch unter gleichgeschlechtlichen Paaren unter Gottes Segen." 
In der Debatte fragte der Abt des Klosters Loccum und frühere Landesbischof Horst Hirschler: "Wollen Sie sich eigentlich für mich entschuldigen?" Hirschler hatte 1993 als Bischof eine Entscheidung der Landessynode zur Homosexualität in der Kirche für unwirksam erklärt. Das Kirchenparlament hatte damals mit 44 zu 43 Stimmen den Beschluss gefasst, homosexuellen Pastoren und Mitarbeitern, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben, Arbeitsmöglichkeiten in der Landeskirche zu eröffnen. 
Hirschler argumentierte seinerzeit jedoch, die Synode sei nur eines von sechs kirchenleitenden Gremien. Für eine Frage von solcher Tragweite sei ein "großer Konsens" nötig. Er habe damals niemanden diskriminieren wollen, betonte der Abt.
"Angekommen in der Gegenwart"
Meister antwortete seinem Amtsvorgänger: "Ich habe mich nicht für Sie entschuldigt, sondern für eine Kirche, die in bestimmten Zusammenhängen Dinge getan hat, die Menschen als massive Einschränkung ihres Lebens und ihrer sexuellen Identität und als diskriminierend empfunden haben." Das betreffe keine Einzelpersonen, sondern die Kirche in vielen Gliederungen und Stellungnahmen.
Der Hildesheimer Superintendent Mirko Peisert sagte, mit dem Beitrag des Landesbischofs sei die kirchliche Debatte "endlich in der Gegenwart angekommen". Der Jugenddelegierte Jonas Jakob Drude betonte: "Nicht wir entscheiden, was diskriminierend ist, sondern die Menschen, die es betrifft." Nach dem Bericht des Landesbischofs stelle sich allerdings die Frage, ob die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in der Kirche gleichbedeutend mit einer Trauung sei. Darauf fand Meister eine eindeutige Antwort: "Segnung ist Trauung!" (epd)