Bischof Kohlgraf treibt Sorge vor Drittem Weltkrieg um

Ohne Bereitschaft der Russen zur Versöhnung ist für Bischof Peter Kohlgraf ein „gerechter Frieden“ kaum vorstellbar. Pazifistische Aktivisten sind für ihn trotzdem keine „Deppen“.

Peter Kohlgraf, seit 2017 Bischof von Mainz, im Gespräch mit dem epd in seinem Büro
Peter Kohlgraf, seit 2017 Bischof von Mainz, im Gespräch mit dem epd in seinem Büroepd-bild/Andrea Enderlein

Der katholische Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hält Ängste vor einer weiteren Eskalation des Ukraine-Kriegs und einer direkten Kriegsbeteiligung Deutschlands für berechtigt. „Ehrlich gesagt treibt mich die Sorge auch um“, sagte der Präsident der deutschen Sektion der katholischen Friedensbewegung Pax Christi in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. Auch Papst Franziskus habe bereits von einem Dritten Weltkrieg gesprochen – „und zwar nicht von einem drohenden, sondern davon, dass wir uns eigentlich schon mitten drin befinden“.

Seine eigenen friedensethischen Grundsätze habe er durch den Ukraine-Krieg nicht revidiert, versicherte der Bischof. Niemand könne aus einem Krieg „schuldlos herauskommen“. Dies gelte auch jetzt: „Egal, wo wir Waffen einsetzen, machen wir uns schuldig, weil Waffen töten. Wenn nichts getan wird, macht man sich auch schuldig.“

Pazifistische Positionen sind wichtig

Einen „gerechten Frieden“ für die Ukraine zu erreichen, ist nach Überzeugung Kohlgrafs derzeit extrem schwierig. Auf russischer Seite sehe er dazu keine wirkliche Bereitschaft, stattdessen eine „großrussische Ideologie, die vonseiten der russisch-orthodoxen Kirche religiös verbrämt wird“. In Waffenstillstandsverhandlungen würde sich Russland sicherlich weigern, die derzeit kontrollierten Gebiete wieder zu räumen. „Diese Situation macht alle friedensethischen Überlegungen so schwierig“, sagte der Bischof. Für eine echte Versöhnung sei es zudem nötig, dass Täter auch Verantwortung übernehmen.

Der Pax-Christi-Präsident sprach sich zugleich deutlich gegen eine Diskreditierung von pazifistischen Einstellungen aus. Diese seien als Gegengewicht zur verbreiteten militärischen Rhetorik wichtig. „Wir müssen bei allen realpolitischen Debatten aufpassen, dass Menschen mit pazifistischen Positionen am Ende nicht als die Deppen dastehen“, sagte er. In Zeiten, in denen sich Christen gegenseitig töteten, sei es wichtig, an das Evangelium zu erinnern: „Die biblischen Friedensvisionen sind pazifistisch, sie sind in kriegerischen Zeiten entstanden und geben die Hoffnung, dass Krieg, Hass und Gewalt nicht das letzte Wort haben.“