Bischöfin: Worauf es bei der Olympia-Bewerbung ankommt

Am Sonntag stimmen die Hamburg ab, ob sich ihre Stadt für Olympia 2024 bewirbt. In einem Gastbeitrag schreibt Bischöfin Fehrs, was ihr bei Spielen an der Elbe wichtig ist.

Für Bischöfin Kirsten Fehrs sind Prädikanten eine gute Ergänzung der Pastoren
Für Bischöfin Kirsten Fehrs sind Prädikanten eine gute Ergänzung der PastorenMarcelo Hernandez / Nordkirche

Von Kirsten Fehrs
Olympia ist die Idee vom friedlichen Zusammenspiel der Weltgesellschaft. In einer von Kriegen und Konflikten geprägten Welt ist dieser Gedanke von Frieden und Völkerverständigung wichtiger denn je. Seit einigen Jahren bereichern daneben die Paralympics durch eine beispielhaft gelebte Inklusion die olympische Idee. Diese Vision hat eine beeindruckende Strahlkraft, und gerade aus christlicher Sicht ist es naheliegend, für diese Werte einzutreten.
Allerdings findet auch der Sport nicht außerhalb der politischen Realität statt. Sport-Großveranstaltungen sind immer auch geprägt von ökonomischen und politischen Interessen. Sie können dazu führen, dass die dafür verbrauchten Ressourcen andernorts fehlen. Sie können die Umwelt belasten und sogar die Spaltung der Gesellschaft vertiefen. Das ließ sich an anderen Austragungsorten der Olympischen Spiele immer wieder beobachten. Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sollten daher Schlüsselbegriffe sein, wenn Hamburg sich um Olympische Spiele bewirbt. Größtmögliche Transparenz und Bürgernähe müssen hinzukommen. Das gilt für die Vorbereitung und den Bau der Sportstätten, aber auch während der Olympischen Spiele und nach dem Ende der Wettkämpfe.

Chance für Hamburg

Die Olympischen Spiele können für die Stadt eine Chance sein, wenn sie eine nachhaltige Stadtentwicklung fördern. Dazu gehört, dass die Sportanlagen und die Sportlerunterkünfte sinnvoll nachgenutzt werden und dass die Energie- und Wasserversorgung ebenso wie die Verkehrsplanung an sozialen und ökologischen Kriterien ausgerichtet werden. Auch ist wichtig, dass das Wohnen in den neu entstehenden Stadtvierteln ebenfalls für Menschen mit geringem Einkommen möglich ist. Und schließlich sollten auch kleine Unternehmen und Geschäfte von den öffentlichen Ausgaben für Olympia profitieren.
Auch nach einem positiven Olympia-Referendum sollte die Stadt klar machen, dass sie sich Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit nicht abhandeln lässt. Dazu gehört, dass sie den politischen Mut haben muss, aus der Bewerbung auszusteigen, wenn die eigenen Grundsätze durch Forderungen der Veranstalter bedroht werden. 
In vielen dieser Forderungen wissen wir uns einig mit Umwelt- und Sozialverbänden, Gewerkschaften und anderen Akteuren der Zivilgesellschaft. Es ist sehr anerkennenswert, dass die Stadt diese Organisationen ausdrücklich zur Mitarbeit im Aufsichtsrat der Bewerbergesellschaft eingeladen hat. Ich bin froh, dass Pröpstin und Hauptpastorin Dr. Ulrike Murmann diese Aufgabe wahrnimmt und den Prozess der Bewerbung im Detail konstruktiv und kritisch begleiten wird. Von besonderem Gewicht sind ferner die Anfragen des Diakonischen Werkes Hamburg, das Spiele ohne Armutsrisiko fordert. Die Mitarbeitenden dort werden in besonderer Weise soziale Härten oder Benachteiligungen im Blick behalten und ihre Stimme erheben, wenn sie die Belange der Armen gefährdet sehen. Auch hierfür bin ich Landespastor Dirk Ahrens sehr dankbar. 

Dialog der Religionen

Zwei Aspekte gehören für mich außerdem zu den Olympischen Spielen dazu. Zum einen ist ein solches Weltereignis auch eine Chance, den Dialog der Religionen voranzubringen, ähnlich wie es bei der Internationalen Gartenbauausstellung in Wilhelmsburg mit dem ‚Garten der Weltreligionen‘ geschehen ist. Wir erleben weltweit, dass die Vision einer friedlichen Welt nicht denkbar ist ohne ein friedliches Zusammenleben der Religionen.
Zum anderen ist auch das Kulturbegleitprogramm während der Olympischen Spiele wichtig, denn die Kunst ist wie der Sport und die Religion eine elementare Lebensäußerung des Menschen. Gerade Künstlerinnen und Künstler spiegeln die sensiblen Bereiche der Stadt und der Gesellschaft wider und hinterfragen sie kritisch. Sie sollten dabei nicht nur Aushängeschilder sein, sondern brauchen auch selbst Unterstützung.

Unsere Autorin

Kirsten Fehrs ist Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck.