Bei dieser Ferienfreizeit lernen Flüchtlinge Deutsch

Osama Seno und seine Familie leben erst seit wenigen Monaten in Deutschland. Der Flüchtling aus Syrien will schnell Deutsch lernen. Für Familien wie seine hat das Evangelische Bildungszentrum in Hermannsburg eine Ferienfreizeit organisiert.

Schülerin Marleen Lange hilft während der Freizeit als Ehrenamtliche
Schülerin Marleen Lange hilft während der Freizeit als EhrenamtlicheKaren Miether /epd

Hermannsburg/Kr. Celle. Auf dem Rasen vor dem Volleyballfeld hebt Osama Seno sein Töchterchen Jumana hoch in die Luft. Die Dreijährige lässt ihren Vater während der Pause zwischen zwei Deutschstunden nicht aus den Augen. Ihre älteren beiden Geschwister sind ins Spielen vertieft. Mutter Reem kümmert sich um den zehn Monate alten Bruder Ali. Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan wollen bei einer Ferienfreizeit in Hermannsburg in der Lüneburger Heide eine Woche lang die deutsche Sprache und Kultur besser kennenlernen.
Wie Senos Familie, die vor drei Monaten aus Syrien nach Hermannsburg kam, leben fast alle Teilnehmer noch nicht lange in Deutschland. "Für sie gibt es noch keine offiziellen Sprachkurse", sagt der Leiter des Evangelischen Bildungszentrums Hermannsburg, Pastor Henning Uzar. Gefördert von der hannoverschen Landeskirche, setzt das Bildungszentrum mit seiner Freizeit darum auf intensives Lernen und gemeinsame Vergnügungen für die ganze Familie. Noch bis zum Freitag sind dazu sechs Ehepaare mit insgesamt 25 Kindern aus Flüchtlingsunterkünften der Region in die Gästezimmer des Hauses umgezogen.

Einige Flüchtlinge haben keine Schule besucht

Unter anderem stehen Radfahren, Maskenbasteln für die Kinder, ein Nähkurs und ein Fest auf ihrem Programm. Junge Frauen aus dem Ort wollen bei einem Gesprächsabend erzählen, wie sie Familie und Beruf unter einen Hut kriegen – deutsche Lebensweise. Und immer wieder wird die Sprache geübt. Nicht nur die lateinische Schrift sei manchen fremd, erläutert der Pastor. "Wir haben gemerkt, einige können gar nicht lesen und schreiben und haben keine Schule besucht."
Osama Seno gehört zu denen, die sich jetzt erste Buchstaben einprägen. In seinem Arbeitsbuch zeichnet er die vorgedruckten Lettern nach. Er übt deren Aussprache "Llll" und "Mmm" versucht, erste Wörter zu entziffern. Vor seiner Flucht hat Seno als Tischler gearbeitet. "Seine Familie war arm, er musste früh mit anpacken", übersetzt der ebenfalls aus Syrien stammende Apotheker Basel Samman, der als Dolmetscher die Freizeit begleitet. Seno ist Kurde. "Viele Kurden in Syrien haben keinen Ausweis und dürfen nicht zur Schule gehen", sagt er.
Als Willkür und Gewalt in seiner Heimat immer bedrohlicher wurden, machte sich der 28-Jährige mit seiner Familie auf den Weg. "Es war gefährlich", erzählt er nur kurz. Obwohl er in Deutschland bei Null anfangen muss, ist er zuversichtlich: "Ich habe gedacht, es ist sehr schwer in Deutschland. Aber es gibt viel Unterstützung." Die älteren Kinder haben die ersten Schulwochen hinter sich. Jumana soll nach den Ferien in den Kindergarten kommen.

Viele Ehrenamtliche helfen

"Die Kinder lernen schnell", sagt Bildungsreferent Andreas Sedlag, der das Freizeit-Programm für die Mädchen und Jungen organisiert. Doch in den Ferien fehle der Kontakt zu den Mitschülern. Das bringe 14 Tage Rückschritt, sagen Experten. Deshalb pauken auch die Mädchen und Jungen – allerdings spielerisch. Lehrerin Carmen Zorn hat mit ihnen Bilder mit Obst bunt angemalt. Vor jedem Stuhl liegt eine andere Frucht. Mit einer Abwandlung des Spiele-Klassikers "Mein rechter, rechter Platz ist leer", üben die Kinder Vokabeln: "Ich wünsch mir die Zitrone her", sagt Mohammed. Sein Freund erhebt sich vom Zitronen-Platz und setzt sich rechts neben ihn.
Neben den Mitarbeitern der Bildungsstätte und Honorarkräften sind viele Ehrenamtliche bei der Freizeit dabei. In der Begegnung voneinander zu lernen, gehört zum Konzept. Osama Seno spricht im Alltag mit seiner Familie und den Freunden Kurdisch. Deutsch zu lernen und dann wieder arbeiten zu können, sei sein großer Wunsch, übersetzt Dolmetscher Samman. "Ich will hier von anderen etwas abhören." Und wenn er stolz von seinen Kindern spricht, rutscht ihm auch schon mal ein deutsches Wort heraus. (epd)