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Basler Ausstellung zeigt nordische Landschaftsmalerei

Endlose Wälder, einsame Seen, die nie untergehende Sommersonne am Polarkreise: Die “Nordlichter”-Ausstellung der Fondation Beyeler in Basel-Riehen zeigt Sehnsuchtsbilder aus dem Norden. Und die Gefährdung der Natur.

“Der hohe Norden ist bis ins 20. Jahrhundert für die allermeisten Europäer terra incognita. Natur und Kultur der nordischen Länder sind kaum bekannt”, sagt Museumschef Sam Keller. Heute hat sich das ins Gegenteil verkehrt. Und der hohe Norden ist längst zu einem neuen Sehnsuchtsort geworden. Dem Werben der Norwegen-Kreuzfahrtanbieter ist kaum zu entkommen.

Die Fondation Beyeler zeigt nun in einer spannenden Ausstellung, wie nordische Künstlerinnen und Künstler ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert die Landschaftsmalerei zum Mittelpunkt ihres Schaffens machten. Und so Bildwelten begründeten, die bis heute nachwirken.

Edvard Munch gehört in diese Reihe, seine weltberühmten Landschaftsgemälde stehen im Zentrum der Schau, die bis zum 25. Mai in Basel/Riehen zu sehen ist. Etwa sein Werk “Zugrauch” von 1900, das das besondere nördliche Licht einfängt und zugleich das Vordringen der Industrialisierung thematisiert.

Keiner der anderen zwölf gezeigten Künstler und Künstlerinnen erreichte nur annähernd Munchs Bekanntheit. “Das bedeutet aber für das Publikum jetzt die einmalige Chance, sich aufzumachen zu einer lern- und genussreichen Expedition in die nordische Landschaftsmalerei zwischen 1880 und 1930”, sagte Ausstellungskurator Ulf Küster bei der Vorstellung der Schau am Freitag.

Dabei ist “Nordlichter” nicht chronologisch oder entlang von kunsthistorischen Stilen aufgebaut, sondern stellt die nordischen Landschaften ins Zentrum. Vor allem die subarktischen, rund um den Globus reichenden Tundren und Wälder. In großer motivischer und stilistischer Vielfalt.

Der als “Zar des Waldes” bekannte russische Künstler Iwan Schischkin zeigt den Wald 1888 als undurchdringliche, feindliche Wildnis. Die Finnin Helmi Biese stellt dem eine viel lieblichere, eingefrorene Winterwaldlandschaft gegenüber, sanft beleuchtet vom Abendlicht. Fast naturalistisch arbeitet der Schwede Prinz Eugen in seinen Seedarstellungen.

In den Blick kommt auch die schon vor einem Jahrhundert wahrgenommene große Verletzlichkeit und Gefährdung der besonderen Naturlandschaften des Nordens. Der Finne Akseli Gallen-Kallela malt im Hintergrund seiner Seeidylle die Transportflöße der Holzindustrie. Munch setzt im Winterlicht strahlende, frisch gefällte Bäume in Szene. Und Emily Carr zeigt kahlgeschlagene Berghänge. In Kanada ist Carr bis heute bekannt für ihre Auseinandersetzung mit den Kulturen der first nations in Nordamerika. In europäischen Ausstellungen war sie bislang fast nie zu sehen.

Dabei war Carr nicht die einzige der ausgestellten Künstlerinnen, die versuchten, ganz in die Wälder und in die nordische Natur einzutauchen. Die Schwedin Anna Boberg trotzte der arktischen Kälte, um vor Ort die am Nachthimmel pulsierenden Nordlichter auf die Leinwand zu bringen. Ähnlich versuchte es auch der Kanadier Tom Thomson. Er war Teil einer Gruppe von kanadischen Künstlern, die 1913 in den USA eine der ersten Ausstellungen zeitgenössischer, skandinavischer Künstler überhaupt sahen und daraus Impulse für die Gründung einer eigenen Landschaftsmalerei-Bewegung zogen.

“Manchmal können Kunstausstellungen den Lauf der Geschichte verändern”, sagte Janne Siren. Er leitet das Buffalo AKG Art Museum in New York, das die Basler Ausstellung mitkonzipierte – und er ist Urenkel von Akseli Gallen-Kallela, dessen Meisterwerk “Der Mäntykoski-Wasserfall” jetzt in Basel zu sehen ist. Ein vom Jugendstil inspiriertes Gemälde, das laut Siren beim Malen vor Ort zwischenzeitlich sogar in das Wasserfallbecken fiel.

Noch weiter in die Wildnis wagte sich der Kanadier Tom Thomson. Fast als Vermächtnis wird seine kleinformatige Ölskizze “Das Kanu” gezeigt. Nur drei Jahre nach der Entstehung ertrank er bei einer Kanutour. Die Gefahren der Wildnis geraten bei der Kraft der gezeigten Naturbilder leicht in Vergessenheit.

Und auch das umfassende Begleitprogramm setzt mehr auf Wellness als auf Wildnis: Wer mag, kann Waldbaden gehen oder sich unter Anleitung meditierend den Kunstwerken nähern. Als Schlusspunkt der Schau hat der Videokünstler Jakob Kudsk Steensen im Museumsgarten eine Digitalinstallation zu den Folgen des Klimawandels für die nordischen Wälder gestaltet.