Ausstellung erinnert an NS-Vernichtungslager bei Minsk

Bis zu 200.000 Menschen starben im Lager „Malyj Trostenez“ bei Minsk. Eine Ausstellung in St. Katharinen zeigt den Ort des NS-Verbrechens.

Zäune im Lager „Malyj Trostenez“ bei Minsk
Zäune im Lager „Malyj Trostenez“ bei MinskMuseum des Großen Vaterländischen Krieges

Hamburg. Eine neue deutsch-weißrussische Wanderausstellung über das Vernichtungslager Malyj Trostenez erinnert an die NS-Verbrechen in Weißrussland. "Vernichtungsort Malyj Trostenez" wird in der Hamburger Hauptkirche St. Katharinen gezeigt und informiert erstmals umfassend über das weitgehend unbekannte Holocaust-Lager nahe der Hauptstadt Minsk. In Weißrussland sei im 2. Weltkrieg jeder dritte Einwohner umgekommen, sagte der weißrussische Vize-Außenminister Walentin Rybakow bei der Eröffnung. Trostenez solle künftig "Teil der europäischen Erinnerungslandschaft" sein.
In Trostenez wurden während des Zweiten Weltkrieges unter deutscher Besatzung Zehntausende Menschen erschossen oder in mobilen Gaswagen erstickt. Die Schätzungen schwanken zwischen 50.000 und 200.000. Dabei handelte es sich vor allem um Juden, sowjetische Kriegsgefangene sowie Sinti und Roma. Es war das größte NS-Vernichtungslager in der ehemaligen Sowjetunion. Die Ausstellung ist ein Pilotprojekt, an dem erstmals deutsche, weißrussische, österreichische und tschechische Historiker beteiligt waren. Sie erzählt mit Fotos, Videos und Dokumenten beispielhaft die Lebensgeschichten von Opfern des Lagers.

Von Hamburg nach Minsk verschleppt

In Hamburg ist die Ausstellung bis zum Mittwoch, 7. Dezember, zu sehen. Ab März 2017 soll sie in Minsk gezeigt werden. Weitere Stationen sind Bremen, Bonn und Frankfurt. Die Ausstellung könne eine Brücke der Versöhnung und der Begegnung werden, sagte der katholische Erzbischof von Minsk, Tadeusz Kondrusiewicz. Sie fördere die kritische Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte, betonte Katharinen-Hauptpastorin Ulrike Murmann. Gedenken brauche Dialog und Wissen, ergänzte Schulsenator Ties Rabe (SPD).
Der Eröffnungstermin war bewusst gewählt worden: Denn genau vor 75 Jahren startete der erste Deportationszug mit 1.035 Menschen von Hamburg nach Minsk. Von den insgesamt 3.705 Deportierten in vier Zügen hätten nur 52 Menschen überlebt, sagte Detlef Garbe, Direktor der Hamburger KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Zu den Toten zählten auch drei Verwandte des Liedermachers Wolf Biermann. Die Züge starteten vom ehemaligen Hannoverschen Bahnhof, an den eine Gedenkstätte im Lohsepark der Hafen-City erinnern soll. Sie wird im Frühjahr 2017 offiziell eröffnet. Für 2020 ist die Eröffnung eines Museums geplant.
Trostenez war kurz nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 eingerichtet worden und bestand bis zum Sommer 1944. Derzeit entsteht hier eine Gedenkstätte, deren Grundstein Pfingsten 2014 gelegt wurde. Sie soll voraussichtlich im nächsten Jahr fertig sein. Rund eine Million Euro zahlt die deutsche Seite dazu. Hamburg ist mit 25.000 Euro dabei. Auch die Bundesregierung, Bundespräsident Joachim Gauck und die Städte Berlin, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt und Köln unterstützen das Projekt. (epd)