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Die Kirchengemeinde Wildeshausen benötigt schon seit Langem eine neue Orgel. Mit dem beginnenden Neubau soll nun auch eine kunsthistorisch wertvolle Rosette wieder freigelegt werden.

Die Alexanderkirche in Wildeshausen zählt zu den ältesten Kirchen im Oldenburger Land. Noch verdeckt die Orgel das Rosettenfenster, künftig soll sie es umschmeicheln.
Die Alexanderkirche in Wildeshausen zählt zu den ältesten Kirchen im Oldenburger Land. Noch verdeckt die Orgel das Rosettenfenster, künftig soll sie es umschmeicheln.Werner Jürgens

Wildeshausen. „Keine Ahnung, wie die dahingekommen ist“, meint Markus Löwe. „Aber irgendwie hat das Symbolcharakter, weil es ähnlich unmöglich erscheint wie unser Vorhaben.“ Der Pfarrer der Kirchengemeinde Wildeshausen deutet auf den zarten Sprössling einer Sonnenblume, der aus einer Fuge im Mauerwerk oberhalb des Eingangs zur Alexanderkirche herausspitzt. Gleich daneben befindet sich ein prachtvolles Rosettenfenster, das jedoch ein recht stiefmütterliches Dasein fristet.

Prachtvolles Rosettenfenster ohne Tageslicht

Die Rosette ist durch die Orgel, die direkt dahinter steht, vom Tageslicht komplett abgeschnitten. Da das Instrument ohnehin ersetzt werden muss, hat die Kirchengemeinde nun einen kühnen Plan entwickelt. Die neue Orgel soll so konstruiert werden, dass die kunsthistorisch wertvolle Rosette wieder in altem Glanz erstrahlen kann.

Die Alexanderkirche in Wildeshausen zählt zu den ältesten Sa­kralgebäuden im Oldenburger Land. Die Ursprünge eines Gotteshauses an dieser Stelle lassen sich bis ins frühe Mittelalter zurückverfolgen. Entsprechend variantenreich ist die Bausubstanz, in der sich Elemente aller Stilepochen seit der Romanik finden. Die Sakralfenster entstammen dem Jugendstil. Der Glasmaler Georg Karl Rohde, der auch die Chorfenster und die Westrose im Bremer Dom gebaut hat, hat sie im Jahr 1909 angefertigt.

„Heute wissen wir es besser“

Die jetzige Orgel in der Alexanderkirche ist ein Ergebnis ausgedehnter Renovierungsarbeiten, die Anfang der 1970er-Jahre abgeschlossen wurden. Sie ruht auf einer Betonbalustrade und verdeckt die Rosette von innen vollständig. „Heute wissen wir es besser, aber damals hat man bewusst das verwendet, was als gut und beständig für die Ewigkeit galt: Beton, Plastik und elektrisches Licht“, erläutert Pfarrer Löwe die Hintergründe. Die Rosette kann damit zwar illuminiert werden, jedoch nur in entgegengesetzte Richtung, nämlich von innen nach außen mittels altmodischer Leuchtstoffröhren. Und durch den Beton habe die Kirche keine wirklich ordentliche Akustik, moniert Kantor Ralf Grössler.

Vor vier Jahren wurde Orgelförderverein gegründet

Die Wildeshausener seien von dem Konzept des Orgelbauers Gerald Woehl, die Orgel so zu bauen, dass die Rosette wieder sichtbar wird, begeistert gewesen, so Pastor Löwe. Viele Bürger hätten sich bereit erklärt, das Projekt finanziell zu unterstützen. Rund die Hälfte der veranschlagten Kosten in Höhe von 850 000 Euro könnte wahrscheinlich allein über Spenden finanziert werden. „Wir sind schier überwältigt, weil das quer durch die Generationen und Konfessionen geht“, freut sich Pfarrer Löwe über die positive Resonanz.
Diese zeigte sich auch bei der nun vor Ostern gestarteten Spendenaktion. Es konnten Patenschaften für eine der 700 Orgelpfeifen übernommen werden, die je nach Größe zwischen 5 und 6000 Euro kosten. Die Spender erhielten dann eine persönliche Gravur in „ihrer“ Pfeife und die Möglichkeit, über den Erwerb verschiedener Töne „quasi ihren eigenen Akkord zu kaufen“, erklärt Grössler.

Seit Ostern erklingt der Schlussakkord

Der Kantor, der seit 1989 in Wikdeshausen tätig ist, arbeitet daher bereits an einer Komposition für die neue Orgel. Selbst die teuersten Röhren seien so begehrt, dass einige der Patenschaften durch das Los entschieden werden müssten, so Löwe. „Trotzdem sind uns diejenigen, die fünf Euro geben, genauso wichtig und haben den gleichen Stellenwert wie alle anderen“, betont Pfarrer Löwe.
Das Motto der Spendenaktion lautet „Schlussakkord“. Damit wolle man signalisieren, dass die Ziellinie nah ist, so Löwe. „Im Prinzip haben wir die notwendigen ­finanziellen Mittel und damit grünes Licht“, bestätigt Grössler. „Sobald die Verträge ausgehandelt und unterschrieben sind, werden wir loslegen.“ Die Bauzeit werde vermutlich zwei bis zweieinhalb Jahre betragen.