Auf ins Ungewisse

Über Aufbrüche ins Unbekannte schreibt Tilman Baier. Er ist ist Pastor und Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Mecklenburgischen & Pommerschen Kirchenzeitung.

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Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Da zog Abram aus, wie der Herr zu ihm gesagt hatte.“ aus 1. Mose 12, 1-4a

Als das verlockende Angebot kam, noch einmal trotz ihrer 53 Jahre beruflich durchzustarten in einem anderen Land, hatte sie mit sich gerungen. Ihr Sohn mit seiner Familie lebt hier, hier hatte sie ihren Freundeskreis. Doch nun war der Möbelwagen bestellt.

Ich staune immer wieder, wie viele Menschen um mich herum diesen Mut aufbringen, Gewohntes hinter sich zu lassen und ins Ungewisse aufzubrechen. Und das nicht nur im Urlaub oder in der Jugendzeit für ein Soziales Jahr irgendwo in Afrika. Für die, die im Berufsleben Karriere machen wollen, gehören häufige Ortswechsel oft zur Lebensplanung.

Anders sieht es aus für diejenigen, die nicht so freiwillig ihrer Arbeit hinterherziehen müssen. Für die Kinder, die dabei oft ungefragt aus ihrem vertrauten Lebensumfeld herausgerissen werden. Für die Älteren, denen die Pflege von Haus und Grundstück über den Kopf wächst und die schweren Herzens in die kleine Stadtwohnung ziehen. Die in ein Pflegeheim eingewiesen werden. Und dann gibt es noch die vielen, die vor Hunger, Krieg, Verfolgung ins Ungewisse fliehen.

Zurück in die Heimat

Ich reise zwar sehr gern – auch wenn es richtig karg und abenteuerlich wird. Aber dazu brauche ich das Wissen, dass ich eine Heimat habe, in die ich zurückkehren kann. Mit echten Umzügen in andere Lebenswelten habe ich oft gehadert. Hilfreich beim Loslassen und Losgehen sind mir dabei die Geschichten geworden, die die Bibel von Aufbrüchen erzählt, so wie die von Abr(ah)am. Noch mit Mitte 70 folgt er dem Ruf Gottes, aus dem Vertrauten, aus tragenden Beziehungen und schützenden Mauern aufzubrechen ins Unbekannte. Denn ihn begleitet der Zuspruch Gottes: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein“.

Da geht es nicht nur darum, unterwegs behütet zu sein. Da ist das Versprechen, in der Fremde einen neuen Wirkungskreis zu finden, wo ich mit meinen Fähigkeiten anerkannt und gebraucht werde. Wo ich anderen zum Segen werden kann. Dass es Heimat gibt auch anderswo.

Unser Autor
Tilman Baier ist Pastor und Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Mecklenburgischen & Pommerschen Kirchenzeitung.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Dienstag.