Auf der Suche

Über das Pendeln zwischen Freude und Leid schreibt Tilman Baier. Er ist Pastor und Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Mecklenburgischen&Pommerschen Kirchenzeitung.

Pixabay

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: Gott spricht: „Ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde.“ aus Jesaja 49, 1-6

Am Montagabend zogen wieder Demonstranten an unseren Fenstern vorbei, ja, auch am Feiertag. Diesmal mit Plakaten gegen Inflation, hohe Energiepreise, und die Russland-Sanktionen. Bedürftig sahen die wenigsten aus, ehr wie die, die noch am Beginn des langen Wochenendes fröhlich die Läden und Cafés des großen Einkaufszentrums gefüllt hatten. Als ob sie so einen Rahmen für die beiden Feiertage dazwischen bilden wollten.

Denn auch diese boten wie unter einer Lupe die beiden Pole der eigenartigen Stimmung im Land, zwischen denen auch ich hin- und hergerissen bin: Da waren einerseits die bunt geschmückten Altäre zum Erntedankfest, die Lob- und Danklieder. Doch spätestens mit der Fürbitte kamen auch die Ängste und Sorgen zur Sprache, die viele umtreiben. Ebenso am Tag der deutschen Einheit: Volksfest und mahnende Reden; Appelle, die Erfolgsgeschichte der Wiedervereinigung zu feiern und Aufrufe, sich dem Ernst der Lage zu stellen.

Hoffnung auf Veränderung

Ja, sicher, es gehört zum Menschsein dazu, dieses Pendeln zwischen Freude und Leid, zwischen Klage und Dank. Und auch ich habe schon früher Zeiten erlebt, wo beides gleichzeitig in mir war. Doch nicht nur ich bin derzeit besonders auf der Suche nach Zuspruch, dass die Hoffnung auf Veränderung zum Besseren nicht einfach nur zuletzt stirbt, sondern berechtigt ist.

Helfen kann dabei der Predigtext für diesen Sonntag: Er stammt von einem, der sich um die Zukunft seines Volkes sorgt in schlimmer Zeit. Doch was er auch tut, was er auch sagt – seine Bemühungen laufen ins Leere. So glaubt er jedenfalls. Die Hoffnung hat er verloren. Aber Gott widerspricht ihm. Es wird eine bessere Zukunft geben. Und ausgerechnet er, der Hoffnungslose, soll dies weitersagen, um auch bei anderen die Hoffnung wieder zu wecken.

Hoffnung will gelebt sein – dann wird sie zu einer Kraft, die die Gegenwart verändern kann. Und das nicht nur im eigenen Lebenskreis. Sondern „bis an die Enden der Erde“.

Unser Autor
Tilman Baier ist Pastor und Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Mecklenburgischen&Pommerschen Kirchenzeitung.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Dienstag.