Auf dem Weg

Über eine ökumenische Wanderung schreibt Ulrich Noetzel. Er ist Pastor der St. Peter-Paul Kirchengemeinde Hermannsburg in der Lüneburger Heide.

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Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Und sogleich fiel es von seinen Augen wie Schuppen, und er wurde wieder sehend.“ aus Apostelgeschichte 9, 1-20

In Karlsruhe findet in diesen Tagen die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen statt: Menschen aus aller Welt kommen zusammen. Aber was ist eigentlich Ökumene?

Ein ökumenisches Erlebnis aus dem Urlaub in Frankreich: Neben unserem Ferienhaus ist ein Kloster. Ein Plakat kündigt an: „Familienpilgern zum Schulanfang. Zehn Kilometer. Bitte Picknick und Rosenkranz mitbringen.“ Das ist wohl nichts für uns, dachte ich. Aber wir gehen gern zum Gottesdienst am Anfang. Dort sehen wir viele Familien. Wir werden unsicher. Sollte es vielleicht doch gehen, so weit mit kleinen­ Kindern zu wandern? Kurz entschlossen ändern wir unseren Tagesplan: Schnell noch ein Picknick geholt, Sonnencreme, Windeln … nur einen Rosenkranz haben wir natürlich nicht. Wir hoffen auf ökumenische Nachsicht.

Über den Fluss, auf den Berg

Inmitten einer Schar von französischen Familien machen wir uns auf den Weg: Über den kleinen Fluss, auf den Berg. Am Wegesrand wachsen Brombeeren und Feigen. Die Sonne scheint. Alle sind fröhlich. Ab und an werden Mariengesänge angestimmt. Es stört keinen, dass wir nicht textsicher sind. Mittags picknicken wir im Park eines Weingutes. Irgendwoher bekommen wir Wein, Gebäck, Kaffee. Wir erleben, was die Jünger erlebt haben: Es reicht für alle und es bleibt noch über. Nach dem Essen sitzen wir im Kreis um einen Mönch. Ich denke: So ähnlich muss es bei Jesus gewesen sein.

Dann geht es weiter durch Weinberge und Wiesen. Unser Ziel ist eine kleine Kirche auf einem Berg. Dort loben wir gemeinsam Gott. Danken für den gemeinsamen Weg. Freuen uns, dass alle angekommen sind. Bitten um Segen für das neue Schuljahr.

Das ist Ökumene für mich: Gott loben in der Gemeinschaft der Glaubenden, gemeinsam auf dem Weg sein, getragen von Gott. Ökumene beginnt, wo ich mich traue, Neues auszuprobieren, wo ich wie Paulus sehend werde und meine Vorurteile hinter mir lasse.

Unser Autor
Ulrich Noetzel ist Pastor der St. Peter-Paul Kirchengemeinde Hermannsburg.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Dienstag.