Auf dem Sprung

Es ist so weit: Bereits in dieser Woche dürfen sich die ersten Seeleute auf den langen Weg zurück in ihre Heimat machen. Auch Bischöfin Fehrs hat sich für sie eingesetzt.

Atriano Taira (29) im vergangenen Dezember in der Jugendherberge in Hamburg Horn
Atriano Taira (29) im vergangenen Dezember in der Jugendherberge in Hamburg HornPhilipp Reiss / epd

Hamburg. Nach monatelangem Warten in Hamburg dürfen die gestrandeten Seeleute aus dem südpazifischen Inselstaat Kiribati endlich Hause reisen. Nach dem Auf und Ab der vergangenen Wochen sei dies „ein relativer Durchbruch“, sagte der Hamburger Reeder Frank Leonhardt bei einem Treffen mit Bischöfin Kirsten Fehrs und Staatsminister Niels Annen (SPD) aus dem Auswärtigen Amt. Der coronafreie Inselstaat lässt seit Beginn der Pandemie keine Menschen ins Land.

Die Rückreise über Neuseeland und die Fidschi-Insel gestaltet sich allerdings kompliziert. Aufgrund der unterschiedlichen Quarantäne-Bestimmungen rechnet die Reederei mit einer Reisezeit von knapp zwei Monaten. Die meisten der betroffenen 170 Seeleute aus Kiribati sind momentan in der Jugendherberge Hamburg-Horn untergebracht.

Seit zwei Jahren nicht zuhause

Für eine Handvoll Seeleute soll es diese Woche schon losgehen, weitere 64 sollen in der kommenden Woche folgen, die anderen zu einem späteren Zeitpunkt. Einige von ihnen waren seit knapp zwei Jahren nicht mehr zuhause, weil sie schon vor der Pandemie monatelang auf See waren. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Rückreise noch scheitern könnte, sagte Reeder Leonhardt. „Es ist eine Berg- und Talfahrt der Gefühle.“

Gemeinsamer Einsatz für die Seeleute (v.l.): Reeder Frank Leonhardt, Kapitän Tekemau Kiraua, Staatsminister Niels Annen und Bischöfin Kirsten Fehrs
Gemeinsamer Einsatz für die Seeleute (v.l.): Reeder Frank Leonhardt, Kapitän Tekemau Kiraua, Staatsminister Niels Annen und Bischöfin Kirsten FehrsThomas Morell / epd

Kapitän Tekemau Kiraua, der einzige Kapitän zur See des Inselstaates, zeigte sich dennoch optimistisch. Die Sehnsucht, die eigene Familie wiederzusehen, sei groß. Derzeit laufe die Verbindung meist über Facebook. Einige der Seeleute hätten ihre Babys noch nie auf dem Arm gehabt. Nichtsdestotrotz sei die Betreuung in Hamburg sehr gut. Es sei sehr selten, dass eine so große Gruppe von Seeleuten gemeinsam Aktivitäten unternimmt. Kiraua: „Und wir haben das erste Mal Schnee gesehen.“ Besorgt zeigte er sich allerdings, ob die Männer künftig noch als Seeleute arbeiten können, wenn die Corona-Regeln auf Kiribati so streng bleiben.

Keine Antwort auf Briefe

Kontakte zur Regierung von Kiribati herzustellen, sei ausgesprochen schwierig, sagte Staatsminister Annen. Briefe an die Regierung seien unbeantwortet geblieben. Die Verbindung laufe über die deutsche Botschaft in Neuseeland. Die Sorge der kiribatischen Regierung, dass mit den Seeleuten auch das Virus auf die Inseln komme, sei verständlich. Deutschland unterstütze mit der Covex-Initiative weltweit Impfungen, die unter anderem auch Kiribati zugutekommen.

Bischöfin Kirsten Fehrs hatte sich als Schirmherrin der Deutschen Seemannsmission für die Ausreise der Seeleute eingesetzt und bei Reedern und Regierungsstellen auf eine Lösung gedrungen. Zudem hatte sie gemeinsam mit dem katholischen Erzbischof Stefan Heße einen Brief an die Gemeinden auf Kiribati geschrieben, um im gemeinsamen Gebet und mit praktischer Hilfe die Seeleute zu unterstützen.


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Kiribati liegt im Pazifik, etwa 6.000 Kilometer nordöstlich von Australien. Die 33 Inseln des Staates erstrecken sich nördlich und südlich des Äquators über eine Distanz, die der Strecke von Norwegen bis Sizilien entspricht. Die reine Landfläche der Inseln Kiribatis hingegen ist kaum größer als die Stadt Hamburg. Bis 1979 war Kiribati britische Kolonie, damals hießen die Inseln Gilbert Islands. Die meisten Bewohner sind Christen.

„Für die Seeleute ist die derzeitige Situation ein einziges Auf und Ab der Gefühle“, sagt Matthias Ristau. Der Seemannspastor bereut die Kiribati in der Horner Jugendherberge. Die Hoffnung, dass es jetzt endlich nach Hause gehe, sei bei den einzelnen Seeleuten groß, gleichzeitig sei da aber auch eine große Sorge, dass sich die weltweite Pandemielage so verändert, dass es zu weiteren Verzögerungen kommt. Ein Reisesegen habe in diesem Fall eine ganz besondere Bedeutung, so der Pastor. (epd/tyr)