Antiker Opferstock zufällig entdeckt

Zufällig macht Pastor Graf aus Schleswig-Holstein auf dem Dachboden der Kirche eine Entdeckung: einen Opferstock aus dem 19. Jahrhundert.

Pastor Erhard Graf hat den Opferstock im Kirchturm gefunden
Pastor Erhard Graf hat den Opferstock im Kirchturm gefundenBettina Albrod

Klein Wesenberg. Kaum einer weiß so genau, was alles auf seinem Dachboden lagert. Auch Pastor Erhard Graf schenkte einem alten Stück Holz auf dem Dachboden des Turms der Kirche von Klein Wesenberg zunächst wenig Beachtung. Er war hinaufgestiegen, um im Urlaub des Küsters die alte Turmuhr von Hand aufzuziehen. Doch bei näherem Hinsehen fiel ihm auf, dass das Stück Holz in der dunklen Ecke, das er immer für einen alten Balken gehalten hatte, mit Metall beschlagen war.
„Vor zwei Jahren hatte ich in einer Kirche in Mecklenburg-Vorpommern einen alten Opferstock gesehen“, erzählt Pastor Erhard Graf. An den hätten die Beschläge ihn erinnert. Er holte eine Taschenlampe, und siehe da: Zwischen allerlei Gerümpel hatte er einen interessanten Fund gemacht. Mit zwei Helfern wurde das Teil, das zwei Zentner wiegt, die steile Turmtreppe ins Freie geschleppt. „Da haben wir gesehen, dass es sich um einen alten Opferstock aus dem 19. Jahrhundert handelt“, so Erhard Graf. Er stand ursprünglich wahrscheinlich mit dem Taufbecken am Eingang der Kirche.

Feuer zerstörte Kirche

Das Becken, das die Gemeinde einst vom Lübecker Dom erworben hatte, gehört zu den wenigen originalen Ausstattungsstücken, die 1882 den Kirchenbrand in Klein Wesenberg überlebt haben. Ebenso wie ein Kreuz aus der Barockzeit und das Wappen der Herren von Trenthorst, die allesamt aus den Flammen gerettet wurden. Damals hatte ein Blitzeinschlag in das Fährhaus an der Trave dazu geführt, dass durch Funkenflug die Kirche in Brand geriet und zerstört wurde. 1885 wurde die neue Kirche eingeweiht und später wohl auch der Opferstock aufgestellt.

„Die Opferstöcke gehen auf Martin Luther zurück“, erklärt Erhard Graf. Er habe im Zuge der Reformation den Gedanken der Verantwortung der Gemeinde für die Bedürftigen aufgegriffen und die Opferstöcke als Armenkasse am Ausgang der Kirche eingeführt. Ursprünglich sei der Eichenbalken im Boden eingelassen gewesen. „Das geht jetzt nicht mehr, weil ein Teil des Balkens abgesägt werden musste“, sagt Graf. Nun ist der Balken fest auf einer Metallplatte installiert. Einmal im Jahr sei der Opferstock geöffnet worden, um Spenden an die Armen im Kirchspiel zu verteilen. „Aus alten Unterlagen wissen wir, dass der Opferstock gelegentlich aufgebrochen und Geld gestohlen wurde.“ Und das, obwohl ein komplizierter Mechanismus im Inneren vor diebischen Händen schützen sollte.

Opferstock wieder im Einsatz

„Wir haben den Opferstock mithilfe des Kirchenbauvereins von einem Schlossermeister aus Groß Schenkenberg restaurieren lassen“, erklärt Erhard Graf. Ein stabiles Vorhängeschloss schützt das alte Behältnis nun vor Diebstahl. „Beim Säubern hat der Schlosser darin eine versilberte Münze von 1875 gefunden“, erläutert Graf (siehe Foto). Zehn Pfennig waren damals von mildtätiger Hand gespendet worden. Der Pastor hat die Silbermünze als Beleg für die Nutzung des Opferstocks aufgehoben.
Ab sofort werden im Klein Wesenberger Opferstock wieder Spenden gesammelt. Der Opferstock ist nicht das einzige Fundstück aus der Vergangenheit: „Vor einiger Zeit wurde auch die historische Altarplatte auf dem Friedhof entdeckt“, so der Seelsorger. „Beim Neubau der Kirche wollte man sie offenbar nicht mehr haben.“ Nun wird noch ein großes Kirchenfenster aus dem Altarraum vermisst.