Krieg, Klimawandel, Pandemie: Bisweilen entsteht der Eindruck, die Gesellschaft sei ängstlicher geworden. Ein Forscher widerspricht – und gibt Tipps, wie man dennoch mit realen Bedrohungen umgehen kann.
Die Gesellschaft ist nach Ansicht des Angstforschers und Psychiaters Peter Zwanzger insgesamt nicht ängstlicher geworden. Die Themen hätten sich nur verschoben, sagte Zwanzger der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag. Es sei völlig normal, dass man sich in Zeiten von Pandemien etwa Gedanken um die Gesundheit mache, Sorgen angesichts des Klimawandels habe oder Angst vor Konflikten angesichts des Kriegs in der Ukraine. Das sei eine Verschiebung, bedeute aber nicht, dass Angst an sich zugenommen habe: Vor 10.000 Jahren hätten Menschen dafür Angst vor Säbelzahntigern gehabt.
Gesellschaftliche Veränderungen wie der Einfluss der sozialen Medien könnten allerdings bewirken, dass Menschen, die sowieso schon leichter irritierbar seien, durch unsichere Informationen zusätzlich verunsichert würden, sagte Zwanzger, der auch Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Angstforschung ist. “Je mehr unsichere Informationen im Umlauf sind, desto unsicherer werden die Leute, weil sie quasi damit beschossen werden.” Das bedeute aber immer noch keine Zunahme krankhafter Ängste.
Zum Umgang mit der Angst vor Terror, Krieg und Krankheiten empfahl Zwanzger eine realistische Einschätzung der jeweiligen Situation. Natürlich seien diese Dinge bedrohlich. “Man muss die reale Gefahr und deren Bedrohungsgrad sehen – aber auch schauen, wie realistisch die aktuelle Gefahr ist und wie wahrscheinlich sie statistisch ist.” Auf dieser Grundlage könne man entscheiden, welche Reaktion angemessen sei.
Dazu gehöre auch, sich in seriösen Medien über die Weltlage zu informieren. Man dürfe sich in Ängste nicht zu sehr hineinsteigern, sondern müsse auch einmal Abstand von den entsprechenden Themen gewinnen. Wichtig sei, sich selbst zu einer guten Mischung aus Nähe und Distanz zu disziplinieren. Ansonsten könne der Blick für das große Ganze verloren gehen, was zu irrationalen Schlüssen und Entscheidungen führen könne.
Der Experte empfahl zudem, mehr Mut und Optimismus als Angst zu vertreten. Momentan herrsche leider eher eine destruktive Stimmung. Daher müssten positive Nachrichten mehr Platz einnehmen, damit nicht der Eindruck entstehe, dass alles schlecht sei.