Altes Buch – neu übersetzt

Sie war ein Jahrhundert-Ereignis: die Übersetzung der Bibel durch Martin Luther. Für Protestanten ist sie das Grundbuch des Glaubens. Jetzt ist die Bibel neu übersetzt worden – in fünfjähriger Detailarbeit.

Es beginnt wie ein Krimi: Die Kutsche Martin Luthers wird 1521 auf dem Rückweg vom Wormser Reichstag nach Wittenberg von bewaffneten Reitern gestoppt. Der Reformator wird in Thüringen verschleppt, niemand weiß wohin. Tatsächlich hat der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise den Geächteten auf die Wartburg in Sicherheit bringen lassen.
Im erzwungenen Exil beginnt Luther (1483-1546) mit der Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche. Im Briefaustausch mit seinen Wittenberger Universitätskollegen schließt er sie in nur elf Wochen ab. Die im September 1522 veröffentlichte erste Auflage mit 3.000 Exemplaren ist in Wochen vergriffen. Dabei war Luther gar nicht der Erste, der die Bibel ins Deutsche übersetzte. Davor waren bereits 18 deutsche Bibelausgaben gedruckt worden. Aber es war seine Übersetzung, die eine ungeheure mediale Wirkung erzielte.

Offizielle Einführung im kommenden Jahr

Das lag zum einen daran, dass Luther nicht einen der zahlreichen deutschen Dialekte wählte, sondern die sächsische Kanzleisprache, die weithin in Deutschland verstanden wurde. Zum anderen übersetzte er allgemein verständlich: "Man muss die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gasse, den gemeinen Mann auf dem Markt drum fragen und denselbigen auf das Maul sehen, wie sie reden und danach dolmetschen", erklärte er. Außerdem war der Reformator der erste, der als Vorlage neben der lateinischen Vulgata die Urtexte in griechischer und in hebräischer Sprache nutzte, die erst wenige Jahre zuvor herausgegeben worden waren.
In den vergangenen fünf Jahren haben rund 70 Theologen und Sprachwissenschaftler die Lutherbibel überarbeitet. Jetzt ist die Revision abgeschlossen. Nach Korrekturen und Druck wird die neue Lutherbibel zum Reformationstag 2016 mit einem Gottesdienst in Eisenach und einem Festakt in Berlin offiziell eingeführt.

Die Poesie Luthers soll erkennbar bleiben

Fünf Jahre hat das Team für die Überarbeitung gebraucht. Der Auftrag der EKD sah "Veränderungen des Luthertextes lediglich dort vor, wo sie zwingend geboten sind, wobei jede Veränderung des den Gemeinden vertrauten Klangs der Lutherbibel möglichst vermieden werden soll". Koordiniert wurde diese Durchsicht von einem Lenkungsgremium unter Leitung von Altbischof Christoph Kähler, der die neue Lutherbibel für gelungen hält. Die Übersetzungen seien näher an der Sprache des Reformators als frühere Versionen. "Wir kehren oft zu Luther zurück, die Sprache und Poesie Luthers soll erkennbar bleiben", sagte er.
Derzeit ist die zuletzt 1984 überarbeitete Lutherbibel der maßgebliche Bibeltext der EKD und ihrer Landeskirchen für Gottesdienst, Unterricht und Seelsorge. Mit dem Beschluss zur Durchsicht reagierte der Rat der EKD 2010 auf die seither in Theologie und anderen Wissenschaftsdisziplinen erreichten Fortschritte bei der Forschung über biblische Schriften.