Ach Gott

Pastor Roland Springborn über das Erbarmen Gottes gegenüber allen Menschen, Juden oder Christen. Roland Springborn lebt als Pastor i. R. in Greifswald.

Der Predigttext des kommenden Sonntags lautet: „Aber ich sage damit nicht, dass Gottes Wort hinfällig geworden sei“ aus dem Brief an die Römer 9, 1-16
„Ach Gott“, sagte ein guter Freund zu mir, als ich ihm erzählte, dass ich gebeten wurde, für die Kirchenzeitung die Betrachtung zu diesem Sonntag zu schreiben. Denn es ist ja nicht nur der 10. Sonntag nach Trinitatis, sondern auch der Israelsonntag. „Ach Gott“, das hieß, das wird nicht einfach.

So vieles schwingt dabei mit: die schwere Schuld an den Juden in unserer Geschichte; die Spannungen zwischen Israel und seinen Nachbarn, wenn es heute um einen gerechten Frieden für den Nahen Osten geht; die Diskussion, ob das Alte Testament zu Recht oder Unrecht Teil der Bibel, also der Heiligen Schrift der Christen ist; die Aufgewühltheit der Welt nach den Anschlägen in vielen Ländern und nun auch bei uns in Deutschland.

„Ach Gott“ mag auch Paulus gedacht haben, als er seinen Brief an die Gemeinde in Rom schrieb. Denn es gab die Meinung, dass mit dem Kommen Jesu Christi, seinem Reden und Tun, seinem Sterben und Auferstehen die Verheißungen Gottes an das Volk Israel hinfällig geworden seien: Sein Bund mit ihm hat sich erledigt. Die Luft ist raus.

Paulus bemüht sich, fast bis zur Selbstaufgabe, dem zu widersprechen. Gottes Wort ist nicht hinfällig geworden. Im Gegenteil. Es hat die Kraft zum Aufstehen und Auferstehen, zum Leben, sogar über den Tod hinaus. Gerade mit dem Kommen Jesu Christi gelten sein Bund und seine Liebe ungebrochen.

So erinnert Paulus mit Recht an das Erbarmen Gottes gegenüber allen Menschen, Juden oder Christen. Beide können bis heute wichtige Teile einer tragfähigen Brücke zueinander geben; zum Beispiel in unseren Gottesdiensten. Wir sprechen mit den Worten des jüdischen Psalms: „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich“ und besingen mit dem Engelchor aus der Weihnachtsgeschichte: „Ehre sei Gott in der Höhe“ die Geburt Jesu. Wir beten mit den Worten, die Christus uns selbst gelehrt hat, das Vaterunser und gehen mit dem alttestamentlichen Segen: „Der Herr segne dich und behüte dich“ in die neue Woche. „Ach Gott“, können wir heute dankbar sagen, dass dein Erbarmen kein Ende hat.
Unser Autor
Roland Springborn lebt als Pastor i. R. in Greifswald
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.