Abschied von einem Traumberuf

Er hat eine Seniorenkantorei gegründet und einen Handglockenchor, mit Instrumenten, die er aus den USA mitbrachte. Jetzt verabschiedet sich Kirchenmusikdirektor Lothar Mohn aus Hannover – nach 29 Jahren.

Kirchenmusikdirektor Lothar Mohn an seinem liebsten Arbeitsplatz
Kirchenmusikdirektor Lothar Mohn an seinem liebsten ArbeitsplatzArchiv/Buddenberg-Hertel

Hannover. Wenn Lothar Mohn Ende Juli in den Ruhestand geht, verabschiedet er sich von seinem Traumberuf. „Als ich mit zwölf Jahren meine erste Orgelstunde hatte, wusste ich, dass ich Kirchenmusiker werden wollte“, erzählt der Kirchenmusikdirektor. 29 Jahre arbeitete er „sehr glücklich“ an der Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis als Gemeindekantor und als Kirchenmusikdirektor im Sprengel Hannover.

„In kaum einem Beruf gibt es solche Gestaltungsmöglichkeiten und Freiheiten“, blickt Mohn zurück. Kreativer Aufbau und beherzte Initiativen kennzeichnen den Berufsweg des 65-Jährigen. „Als ich kam, gab es einen Kinderchor und eine Kantorei an der Neustädter Kirche“, erinnert er sich er. Im Laufe seiner Amtszeit haben sich ein Handglockenchor und eine 70-köpfige Seniorenkantorei dazu gesellt. Außerdem entstanden neue Formate wie „Bach um Fünf“ oder das jährliche Singalong in der Adventszeit. Auch die Idee der Kindermusikschule Kikimu geht auf ihn zurück.

Zwei Koffer für Hannover

Pionierarbeit macht ihm Spaß. „Die ersten Instrumente für den Handglockenchor habe ich Ende der 90er-Jahre privat aus den USA importiert“, sagt er. „Später erstand ein Chormitglied weitere Glocken in San Francisco und brachte sie in zwei großen Koffern nach Hannover.“

Auch für eine Seniorenkantorei gab es noch wenig Vorbilder. „Mir fiel es schwer, in der St.-Johannis-Kantorei eine Altersgrenze einzuführen“, sagt er. „Bei einer langjährigen Zusammenarbeit entstehen menschliche Bindungen, und so suchte ich nach einem speziellen Angebot für ältere Sänger.“ Offenbar hatte Mohn mit der Gründung der Seniorenkantorei 2005 einen Nerv getroffen, denn „die Leute strömten aus ganz Hannover herbei“. Darunter auch Menschen, die erst im Rentenalter das Singen für sich entdeckten.

Eine gut gefüllte Kirche war auch die Resonanz auf die 2008 gegründete Reihe „Bach um Fünf“, einen Gottesdienst, bei dem jeweils eine Bachkantate aufgeführt wird. Ohne die Corona-Krise hätte Mohn am 5. Juli zum 150. Mal zu „Bach um Fünf“ eingeladen, so sind es „nur“ 149 Sonntage. Aus der Fülle seines Schaffens mag er kaum einzelne Highlights herausheben. „Doch die Uraufführung des Werkes ‚Das Erste ist vergangen‘ von Jelena Firsowa während der Expo 2000 in Hannover war schon etwas Besonderes“, erinnert er sich. Auch der Einbau von drei neuen Orgeln in der Neustädter Hof- und Stadtkirche waren Wegmarken: eine digitale Orgel unten im Kirchenschiff 1997, die spanische Orgel 2001 und die große Barockorgel 2019 auf der Empore.

Mitte der 90er-Jahre brachte er Chorleiter aus ganz Hannover zusammen und stellte mit ihnen große Musikereignisse für die Stadt auf die Beine wie beispielsweise Gesamtaufführungen der geistlichen Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy und Mozart.

Was ihm fehlen wird

„Ich gehe gern mit Menschen um und kommuniziere gern“ beschreibt sich Mohn selbst. Am meisten werde ihm deshalb im Ruhestand seine Chorarbeit fehlen, gibt er unumwunden zu. Dafür „kann ich dann mehr Orgel üben, dazu fehlte mir bisher die Zeit“. Ein passendes Instrument in der Nähe seines Wohnortes Barsinghausen werde sich finden.

In Hannover will er seinen Nachfolgern den Weg freigeben. Es werden zwei sein, denn die Stelle des Kirchenmusikdirektors an der Neustädter Hof- und Stadtkirche wird es ab 1. August nicht mehr geben. Als Gemeindekantor wird Michael Čulo ab August an St. Johannis arbeiten, und als Kirchenmusikdirektor fängt Harald Röhrig Anfang kommenden Jahres in der Herrenhäuser Kirche an. „Die Stelle des Kirchenmusik­direktors ist dann nicht mehr an eine Innenstadtkirche gebunden ist“, bedauert Mohn.

Info
Der Abschiedsgottesdienst für Lothar Mohn ist am Sonntag, 12. Juli, um 14 Uhr in der Neustädter Hof- und Stadtkirche.

Sabine Dörfel macht Öffentlichkeitsarbeit für den Stadtkirchenverband Hannover.