Es ist ein ungewöhnliches Angebot für ein kirchliches Bildungshaus. Die Macher sprechen von “gelebtem Christentum”: Eine seit 2020 bestehende Essensausgabe für Bedürftige – mit dem Ausrufezeichen-Titel “Mahlze!t LU”.
Die Idee entstand vor fünf Jahren im ersten Lockdown während der Corona-Pandemie. Die Verantwortlichen der katholischen Akademie Rhein-Neckar – dem Heinrich-Pesch-Haus in Ludwigshafen – überlegten: Man müsste ein kostenloses warmes Essen für Bedürftige ausgeben. Als Krisenhilfe in der Pandemie, als viele andere Hilfsangebote weggebrochen waren.
Menschen in Not sollten im Hof des Pesch-Hauses eine warme Mahlzeit bekommen können: täglich, gratis, frisch gekocht und unbürokratisch. So rief das Haus zusammen mit der Gesamtkirchengemeinde Ludwigshafen eine Aktion ins Leben, die einen sprachlich etwas irritierenden Titel mit einem Ausrufezeichen an ungewöhnlicher Stelle trägt: “Mahlze!t LU”.
Die für ein katholisches Bildungshaus ebenso ungewöhnliche Initiative war nur für den Übergang gedacht. “Es sollte ein Provisorium sein”, sagte Tobias Zimmermann, Direktor des Heinrich-Pesch-Hauses (HPH), am Dienstag vor Journalisten. Doch das Angebot besteht bis heute – und die Nachfrage ist nach wie vor hoch. Seit dem Start am 6. April 2020 seien genau 75.599 Essen ausgegeben wurden, bilanzierte Zimmermann.
Die Aktion sei “gelebtes Christentum – solidarisch, offen und zugewandt”, betonte der Jesuit, der schon durch seinen Haarzopf auffällt. 15 Monate, bis Juli 2021, versorgte die Küche des Heinrich-Pesch-Hotels täglich bis zu 100 Menschen mit einem warmen Essen. Ab Oktober 2021 ging es dann mit wechselnden Öffnungszeiten weiter. Aktuell öffnet “Mahlze!t LU” nur noch samstags seine Türen – mehr sei für die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen nicht zu stemmen, hieß es.
Der Bedarf aber ist nach wie vor hoch. Etwa 75 Besucher kommen samstags jeweils von 12.00 bis 13.00 Uhr zur Essensausgabe im Wirtschaftshof des Pesch-Hauses an ein ehemaliges Gartenhäuschen, das dann zur mobilen Küche wird. “Die Ersten kommen schon um 11.15 Uhr”, sagt Ulrike Gentner, stellvertretende Direktorin des Pesch-Hauses.
Gekocht werden vegetarische Gerichte im Wert von etwa fünf Euro: Pasta, Spinat und Kartoffeln, Linseneintopf oder Makkaroni-Auflauf. Die Ausgabe erfolgt in recyclingfähigen Behältern. Dazu gibt es Tee. Barbara Guarjado Toro, die seit dem ersten Tag ehrenamtlich dabei ist und das aus 14 Mitgliedern bestehende Team der Ehrenamtlichen koordiniert, sagt: “Viele unserer Gäste sind einsam. Für sie ist das Gespräch bei einer Tasse Tee manchmal fast wichtiger als das Essen.”
Eingeladen sind “alle Mitbürger, die sich kein warmes Essen leisten können”. Und das sind nicht nur Bürger aus Ludwigshafen: “Unsere Gäste kommen teilweise von weit her, aus Mannheim oder Neustadt an der Weinstraße”, sagt Zimmermann. Darunter seien viele Familien mit Kindern, aber auch Alleinerziehende, Geflüchtete, Obdachlose sowie Seniorinnen und Senioren.
Die Not ist dabei manchmal nicht auf den ersten Blick zu sehen. “Am Anfang kamen die Ersten mit dem Auto angefahren – da haben wir uns schon gewundert, bis wir gemerkt haben, dass das Auto offensichtlich bewohnt war”, erzählt Zimmermann und fügt hinzu: “Man täuscht sich oft!”
Und Gentner, Theologin und Pädagogin, berichtet, wie eine Frau nach Obst fragte, weil ihr empfohlen worden war, vitaminreich zu essen. Doch warum kaufte sie es sich nicht selber? “Obst ist so teuer!”, antwortete die Dame.
Apropos Finanzen: “Mahlze!t LU” ist zu 100 Prozent spendenfinanziert. Zahlreiche Bürger, aber auch Unternehmen, Vereine sowie das Bistum Speyer und der Jesuitenorden tragen das Projekt. Insgesamt 440.000 Euro Spenden habe man über die fünf Jahre hinweg erhalten, so Zimmermann.
Das Projekt soll weitergeführt werden, “auch wenn es einiges nicht erfüllt, was man aus Sozialarbeiter-Sicht gerne hätte”, so Zimmermann. Eine Gelegenheit zum Sitzen für ein gemeinsames Essen zum Beispiel. Aber eine solche Räumlichkeit könne das Pesch-Haus nicht bieten.
Das katholische Bildungshaus will auch nicht anderen ähnlichen Angeboten den Platz streitig machen, etwa der evangelisch-diakonischen Suppenküche oder der Tafel in Ludwigshafen, sagt Zimmermann: “Wir verstehen uns als Ergänzung, nicht als Konkurrenz.” Diese Ergänzung aber sei “in einer Stadt, in der viele Menschen mit sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen kämpfen”, dringend notwendig. Nach wie vor.