Wo die Quelle sprudelt

Nora Steen ist „die Neue“ von Breklum. Die theologische Leiterin des Christian-Jensen-Kollegs hat viele Pläne – und kann über die norddeutsche Natur manchmal noch staunen.

Nora Steen vor dem Christian-Jensen-Kolleg
Nora Steen vor dem Christian-Jensen-KollegCatharina Volkert

Breklum. Einmal ging Nora Steen mit einer Gruppe hinaus ins Wattenmeer. Eine Teilnehmerin verstauchte sich den Fuß. Dennoch: Sie mussten weiter über den glitschigen Schlick laufen, wissend um die nahende Flut. 
„Wo macht man heute noch diese Erfahrung? Die Natur hier macht mich demütig“, sagt Nora Steen. Seit August ist sie nun Theologische Leitung des Christian-Jensen-Kollegs (CJK). Seitdem lebt die gebürtige Braunschweigerin mit ihrer Familie in dem 2400-Einwohner-Dorf. Dafür verließ sie die Pfarrstelle in der EKD-Auslandsgemeinde in Lissabon.
Weil Nora Steen neu ist, sieht sie vieles: Die Nordkirche „mit ihren Kirchenkreisen, die viel eigenständiger sind als die der Hannoverschen Landeskirche“, in der die Pastorin zuvor gearbeitet hat. Die „Strahlkraft des Ortes aus der Missionsgeschichte“. „Hier sprudelt die Quelle“, habe ihr einmal ein Seminarteilnehmer mit leuchtenden Augen gesagt. 

Bahn rauscht vorbei

Aber auch die Frage der Verkehrsanbindung sieht sie. Missionar Christian Jensen habe sich einst höchstpersönlich gegen einen Bahnhof in Breklum ausgesprochen. „Er wollte wohl die Welt etwas draußen lassen“, so Nora Steen. Deswegen rauscht die Bahn auf dem Weg nach Westerland nur am CJK vorbei und hält im benachbarten Bredstedt. Mit Adresslisten für Fahrgemeinschaften und Taxi-Vergünstigungen reagiert das CJK-Team auf die Defizite der Verkehrsanbindung. Schließlich ist es ein Bildungszentrum für Nachhaltigkeit. 
Nora Steen sieht noch mehr an ihrem neuen Ort. „Einige fragen sich zum Beispiel, warum sie extra nach Breklum fahren müssen, obwohl ein Thema genauso in Hamburg diskutiert wird“, erzählt sie. Genauso weiß sie um die Skepsis der benachbarten Nordfriesen gegenüber dem Kolleg. Auf diese will sie etwa durch einen Tag der offen Tür reagieren.
Und die Großstädter? „Man ist hier draußen. Ich glaube, dass man in der Natur oft besser denken kann“, sagt sie. Und zugleich sucht Nora Steen nach neuen Möglichkeiten, die allein ihr Ort an der Nordseeküste bietet. Neben den Wattwanderungen können das Fahrten mit dem Fischkutter sein. Oder das Scheren von Schafen.

Tour durch die Nordkirche

Schäfchen nicht scheren, sondern zählen – das können bald Pilger. Für die soll ein Gästezimmer eingerichtet werden. Mit Pilgerpastor Bernd Lohse plant Nora Steen ein Seminar über Martin Luther und das Pilgern. Ein Thema, das Konfliktstoff birgt, hat sich der Reformator doch gegen das Pilgern ausgesprochen. Pilgern und Diskutieren, das ist der Plan für die Veranstaltung. 
Um die Themen für Breklum zu sichten, ist Nora Steen in den vergangenen Monaten durch die Nordkirche gefahren, hat ebenso mit Pröpsten gesprochen wie den NDR in seinem kleinen Flensburger Studio besucht. In ihrem Büro hängt dazu eine Karte der Nordkirche, versehen mit Zettelchen. „Zu Beginn war die ganze Karte voll, vielleicht waren es 25“, sagt Nora Steen. Nun sind es nur noch sechs. Bis nach Dänemark führten sie ihre Touren, dort war sie in Løgumkloster. „Ich habe dort meine dänischen Kollegen kennengelernt“, berichtet sie. Und zum Beispiel gelernt, dass das Kloster ein Ableger vom niedersächsichen Loccum ist, wo sie im Vikariat war. So schließen sich Kreise, während neue bereits gezeichnet werden.