Wie eine Kapelle zu einem Urnenhaus wird

Die Nachfrage nach pflegeleichten, aber würdevollen Gräbern steigt. Ein Gemeinde nördlich von Schwerin setzt auf ein Kolumbarium und hat dafür eine Kapelle im Auge.

Vorbild St. Jakobi Lübeck: Das dortige Kolumbarium ist ein schlichter Raum. Pastor Lutz Jedeck zündet eine Kerze an
Vorbild St. Jakobi Lübeck: Das dortige Kolumbarium ist ein schlichter Raum. Pastor Lutz Jedeck zündet eine Kerze anStephan Wallocha / epd

Kirch Stück. Was tun mit Familien-Grabkapellen, die auf etlichen Friedhöfen auch in Mecklenburg-Vorpommern ihrem Verfall entgegendämmern, weil sich keine Erben mehr darum kümmern? Für den Erhalt um des puren Erhalts willen fehlt den Friedhofsbetreibern, zumeist Kirchengemeinden, oft nicht nur das Geld, sondern oft auch die rechtliche Grundlage, denn diese Kapellen gehören meist noch den Nachfahren der Erbauer. Noch öfter fehlt allerdings eine tragfähige Idee, wie solche Memoriale genutzt werden können. Denn nur dann ließe sich der finanzielle Aufwand für Erwerb und Erhalt solcher Familiengrabkapellen rechtfertigen – zumal wenn sie kultur- und kunsthistorisch nicht so bemerkenswert sind, dass Fördergelder für ihren Erhalt fließen würden.
Auch auf dem Friedhof von Kirch Stück steht eine solche Familiengrabkapelle. Sie hatte der Domänenpächter Hinrich Ernst Evers kurz vor 1900 errichten lassen. Doch nur er und seine Ehefrau Johanna wurden hier beigesetzt. In den Wirren des Jahres 1945 wurden die Särge aus der Kapelle entfernt und die sterblichen Überreste neben dem Gebäude vergraben. Seither wird die Kapelle nicht mehr genutzt.

Finanzielle Hilfe für Kapelle

Nachdem die Kirchengemeinde und ein Förderverein, mit finanzieller Hilfe von außen, viel Kraft, Zeit und auch Geld in die Sanierung und Nutzungserweiterung der romanischen Dorfkirche zu Kirch Stück gesteckt hatten, konnte und musste etwas mit diesem kleinen Bau neben der Kirche geschehen. Irgendwann wurde die Idee geboren, hier ein Kolumbarium, einen Aufbewahrungsort für Urnen, einzurichten. 
Kolumbarien gab es bereits im antiken Rom. In Reihen und übereinander legte man kostengünstig Grabkammern für Urnen an. Wegen der äußerlichen Ähnlichkeit nannte man diese Grabstätten „Columbarium“, was ursprünglich „Taubenschlag“ bedeutete. Wegen des Glaubens an die leibliche Auferstehung war dann im christlichen Europa Leichenverbrennung und Urnenbestattung über Jahrhunderte hinweg verboten. Erst das rasante Wachstum der Städte und das um sich greifende Freidenkertum führte dazu,  dass 1878 im thüringischen Gotha Deutschlands erstes Krematorium und 1893 dann auch das erste Kolumbarium eröffnet wurde. Historische Kolumbarien aus dieser Zeit finden sich auch auf dem Nordfriedhof Wiesbaden, dem Leipziger Südfriedhof und auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde.

Gemeinde erarbeitet Konzept

Auch in Kirchen gibt es solche Kolumbarien, wenn auch in Deutschland erst seit 2004, als das erste in der alt-katholischen Kirche in Krefeld eröffnet wurde. Ebenso wurden in St. Jakobi zu Lübeck und im katholischen Dom zu Hamburg in den letzten Jahren Kolumbarien eingerichtet. Auch die Rostocker Universität will in der Kirche zum Heiligen Kreuz, der Unikirche, solch ein Kolumbarium errichten als Ehrenbegräbnis für Mitarbeiter der Hochschule in besonderen Funktionen – gegen eine „namhafte Spende“.
Inzwischen ist die Kapelle auf dem Friedhof von Kirch Stück ins Eigentum der Kirchengemeinde Alt Meteln-Cramon-Groß Trebbow übergegangen und soll für fast 91 200 Euro saniert werden. Wie der Förderverein mitteilte, werde derzeit noch auf die Finanzierungszusagen unter anderem vom Land und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gewartet.
Das Konzept der Kirchengemeinde sieht vor, an Nord- und Südwand Urnenschränke einzubauen. An der Ostwand über dem vorhandenen gemauerten Altar soll ein schlichtes Kreuz hängen. Teelichter sowie ein Buch zum Niederschreiben von Gedanken auf einem Schreibpult sollen zur Andacht einladen – allerdings nur diejenigen, die – wie die Angehörigen – einen Schlüssel erhalten. Für alle anderen, so wird noch beraten, sollen transparente Elemente in der Eingangstür den Blick in den Raum möglich machen.