Sky und ARD zeigen Doku “Gefährlich nah – Wenn Bären töten”

In Deutschland sind es die Wölfe, im südlichen Afrika die Elefanten. Das Zusammenleben von Mensch und Tier birgt mitunter große Konflikte. Das zeigt exemplarisch eine Doku über Bären in Norditalien.

Sky und ARD zeigen eine Doku über Bären
Sky und ARD zeigen eine Doku über BärenImago / Nature Picture Library

Der Tod des Joggers Andrea Papi sorgte vor gut einem Jahr über sein Heimatland Italien hinaus für Schlagzeilen. Der 26-Jährige war im Val di Sole verschwunden, anderthalb Autostunden nordwestlich von Trient. Wie sich wenig später herausstellte, hatte eine Bärin den jungen Mann angefallen. Der versuchte offenbar noch, sich mit einem Stock zu wehren, hatte aber keine Chance.

Mit dem tragischen Fall steigt die Dokumentation “Gefährlich nah – Wenn Bären töten” ein. Der 90-Minüter hat am Donnerstag Premiere auf dem renommierten Münchner Festival DOK.fest und wird am gleichen Tag auf Sky und dem Streaming-Dienst WOW freigeschaltet. Ab dem 4. Juni ist die Produktion dann auch in der ARD-Mediathek abrufbar.

Wie viel Natur verträgt der Mensch – und wie viel Mensch die Natur?

Was zunächst wie eines jener sensationsheischenden True Crime-Formate – diesmal mit Beteiligung von Tieren – daherkommt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als packende und vielschichtige Reportage. Regisseur Andreas Pichler und sein Co-Autor Georg Tschutschenthaler suchen nach Antworten auf die Fragen, wie viel Natur der Mensch verträgt – und wie viel Mensch die Natur.

Da sind die Landwirte im Trentino, die um ihre Viehbestände fürchten; da sind die Tierschützer aus den Städten, die gegen einen Abschuss von aggressiven Bären auf die Straße gehen, frei nach dem Motto: “Niemand darf ein anderes Lebewesen töten, egal, was davor passiert ist.” Die Filmemacher lassen die Eltern von Andrea Papi zu Wort kommen ebenso wie den Betreiber eines Bärenparks im Schwarzwald oder einen Berufsjäger in Bayern.

Der “Problembär” hatte sich auf den Weg über die Alpen gemacht

Dort tauchte 2006, zum ersten Mal nach 170 Jahren wieder ein Braunbär auf. “Bruno”, der keine Scheu vor Menschen zeigte und immer wieder Schafe riss, wurde wenig später erschossen. Der “Problembär” hatte sich vom Trentino aus auf den Weg über die Alpen gemacht. Seine Schwester mit dem Kürzel JJ4 war im vergangenen Jahr für den Tod von Andrea Papi verantwortlich.

Vor 25 Jahren waren die ersten Bären aus Slowenien in den italienischen Alpen angesiedelt worden, inzwischen sollen dort rund 100 Tiere leben. In “Gefährlich nah” sieht der Zuschauer, wie eine Mutter mit ihren Kleinen durch die grandiose Gebirgslandschaft zieht. Zugleich erlebt er wenig später quasi hautnah mit, welche Kraft hinter einem solchen 150 Kilo schweren “Beutegreifer” steckt, der in seiner unmittelbaren Umgebung keine natürlichen Feinde fürchten muss.

Spezialteam der Forstwache steht zwischen allen Fronten

Der Film – und das wird nicht nur bei den seltenen Aufnahmen der Bärenpopulation im Trentino deutlich – ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit, die schon lange vor dem Tod des Joggers begann. Zunächst habe man den als “Ausbrecherkönig” bekannten Bären M49 im Visier gehabt, der 2020 zum zweiten Mal aus dem Trentiner Tierpflegezentrum Casteller ausbüxte, so Regisseur Pichler. “Ich bin an die Forstwache des Trentino herangetreten, die für das Bärenmanagement zuständig ist, und habe erst einmal sehr viel Zeit damit verbracht, sie davon zu überzeugen, dass ich sie filmisch begleiten kann.”

Denn das Spezialteam der Forstwache, auch das zeigt die Doku eindrucksvoll, steht zwischen allen Fronten. “Ich kann es mir nicht leisten, völlig auf der einen oder anderen Seite zu stehen”, sagt einer von ihnen. Er verstehe beispielsweise Bauern oder Schäfer, die ein Tier verloren hätten. “Ich muss der Person sagen, dass wir auf der Seite der Betroffenen stehen. Gleichzeitig soll auch die Bärenpopulation eine Zukunft haben.”

“Walt-Disney-Natur” oder Wälder, in denen es “echtes Leben” gibt

Der Mensch müsse entscheiden, ob er eine “Walt-Disney-Natur” haben wolle oder Wälder, in denen es “echtes Leben” gebe, das sich ein Stück weit der Kontrolle entziehe, sagt Tierarzt Roberto Guadagnini gegen Ende des Films. “Ich bestreite nicht, dass da auch Gefahren lauern. Aber wenn wir in einen Wald gehen, sind die größte Gefahr Zecken, die tödliche Krankheiten übertragen können.”

Einfache Lösungen gibt es nicht. Das ist eine Botschaft der Doku. JJ4 lebt übrigens weiterhin – in Gefangenschaft. Und in diesem und im kommenden Jahr dürfen laut einem unlängst vom Trentiner Landtag verabschiedeten Gesetz jeweils bis zu acht Bären getötet werden, die zuvor Menschen oder Ortschaften zu nahe gekommen sind.

“Gefährlich nah – Wenn Bären töten” ist ab 2. Mai auf Sky und dem Streaming-Dienst Wow abrufbar und startet am gleichen Tag um 21.10 Uhr auf Sky Nature, Sky Crime und Sky Documentaries. Ab 4. Juni steht der Film in der ARD Mediathek bereit und läuft am 10. Juni um 23.35 Uhr in der ARD.