Neue Gardisten für den Papst – Hellebarde und Sturmgewehr

Schweizergardisten in bunten Uniformen zählen zu den beliebtesten Fotomotiven Rom-Reisender. Dabei sind sie eigentlich hochausgebildete Sicherheitskräfte. Im Notfall müssen sie den Papst mit ihrem Leben verteidigen.

Ohrenbetäubend schallen Trommelwirbel durch den kleinen Innenhof der Schweizergarde-Kaserne im Vatikan. Im Takt marschieren junge Männer im Kreis. “Schultern höher, Hellebarde gerader!” Der Ausbilder der neuen Gardisten achtet auf jedes Detail. Schließlich soll am Montag alles glatt laufen, wenn die 34 Männer vereidigt werden – vor hochrangigen Vertretern aus Kirche, Politik und ihren Familien.

Bislang ist ihr Alltag eher von stillstehen und still sein geprägt. Denn ihren Dienst für den Papst verrichten sie schon seit einigen Monaten. In ihren blau-gelb-roten Uniformen stehen sie an den Zugängen zum Vatikan, schieben Schichten im Apostolischen Palast, begleiten Papstmessen – sechs Tage die Woche, danach folgen drei Tage in der Reserve. Dafür erhalten sie rund 1.400 Euro im Monat, Unterkunft und Verpflegung werden gestellt.

Immer leicht ist dieser Dienst nicht – denn genauso wie das Kolosseum zählen die Gardisten zu den beliebtesten Fotomotiven der Touristen in der Ewigen Stadt. Dabei müsse man eigentlich aktiv seinen Dienst versehen, sagt Neu-Gardist Jan Wetter. Letztlich gewöhne man sich aber daran. Der 23-Jährige aus einem Dorf im Kanton Sankt Gallen hat im letzten September seine Ausbildung bei der Schweizergarde begonnen. Am Montag wird er seinen Schwur leisten und sich zu einem mindestens 26-monatigen Dienst verpflichten.

Hinter den farbenprächtigen Pluderhosen steht bei den Gardisten eine militärische Spezialausbildung. Grundvoraussetzung ist der Dienst in der Schweizer Armee. Bei der Garde folgt dann die Rekrutenschule für das nötige Rüstzeug im Dienst der katholischen Weltkirchen-Zentrale. Die Kantonspolizei Tessin schult die Rekruten schließlich im Umgang mit Waffen und in der Selbstverteidigung.

Die lange Hellebarde und das Schwert sind lediglich Teil des Ehrendienstes. Dienstwaffe ist eine Glock-Pistole, Sturmgewehre gibt es im Vatikan ebenso wie Elektroschockgeräte, sogenannte Taser. Pfefferspray tragen alle Gardisten im Dienst. Einmal im Monat wird die Ausbildung aufgefrischt. Denn immer wieder kommt es im Vatikan zu brenzligen Situationen, wie etwa im vergangenen Mai. Damals drang ein psychisch kranker Mann mit seinem Auto in den Kleinstaat ein. Trotz Schüssen auf die Vorderreifen gelang es ihm, bis ins Zentrum des Vatikans vorzudringen. Dort wurde er verhaftet.

Der Schutz des Papstes ist die Aufgabe der Schweizergarde seit dem Jahr 1506. Auf Ersuchen von Papst Julius II. (1503-1513) wurden in Luzern und Zürich die ersten Söldner zu seiner Bewachung rekrutiert. Bis heute werden die Befehle auf Deutsch erteilt, anderweitig kommuniziert wird auf Italienisch.

Als historische Heldentat und eigentliche Geburtsstunde der Truppe gilt der Kampf gegen die plündernden Söldner Kaiser Karls V. beim “Sacco di Roma” am 6. Mai 1527. Damals starben 147 Gardisten bei der Verteidigung von Papst Clemens VII. (1523-1534). Bis heute schwören die jungen Gardisten deshalb an einem 6. Mai, den Papst zu schützen, “bereit, (…) selbst mein Leben hinzugeben”.

Am Montag werden das 34 junge Männer tun, um die vom Papst 2018 auf 135 Mann aufgestockte Truppe zu verstärken. Über einen Mangel an Bewerbern könne sich die Garde nicht beklagen, sagt der Medienverantwortliche Eliah Cinotti. Schwieriger werde es dann schon bei den Zulassungsbedingungen: neben dem absolvierten Militärdienst in der Schweiz, muss der männliche Kandidat katholisch sein, jünger als 30 Jahre, unverheiratet und mindestens 1,74 Meter groß.

Bei der letztgenannten Voraussetzung – und besonderer Eignung – zeige sich die Truppe aber weniger dogmatisch, so Cinotti. Der kleinste Schweizergardist ist 1,72 Meter groß. An Konfession und Geschlecht wird aber nicht gerüttelt. Ersteres würde die Interaktion im katholischen Umfeld erschweren. Ob Frauen jemals Gardistinnen werden können, hängt auch von den künftigen Unterbringungsmöglichkeiten ab.

Die Garde plant derzeit den Neubau ihrer Kaserne – mit mehr Platz, Einzel- und Doppelzimmern statt Schlafsaal. Nach dem großen Pilgerereignis, dem Heiligen Jahr 2025, soll es eigentlich losgehen mit dem Baubeginn. Das genaue Datum steht allerdings noch nicht fest, auch ein Übergangsquartier für die Männer wurde bislang nicht gefunden.

Die großen Waschsäle wollen sich mögliche Anwärterinnen vermutlich nicht mit den Männern teilen, gibt Neu-Gardist Jan Wetter zu bedenken. Anpassen müsste die Truppe wohl auch ihre 15-Kilo-Uniform mit Rüstung – die hat nämlich auf Männer ausgelegte Formen. Letztlich liegt die Entscheidung in der Frauenfrage aber beim Papst, nicht bei der Schweizergarde.