Morgendämmerung

Über den Predigttext zum Ostersonntag: 1. Korinther 15, 19-28

Predigttext
19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. 20 Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. 21 Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. 22 Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden. 23 Ein jeder aber in der für ihn bestimmten Ordnung: als Erstling Christus; danach die Christus angehören, wenn er kommen wird; 24 danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er vernichtet hat alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt. 25 Denn er muss herrschen, bis Gott „alle Feinde unter seine Füße gelegt hat“ (Psalm 110,1). 26 Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. 27 Denn „alles hat er unter seine Füße getan“ (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. 28 Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, auf dass Gott sei alles in allem.

Das Leben siegt! Das feiern Christinnen und Christen zu Ostern. Doch hat Ostern in diesem Jahr eine Chance? Es gibt derzeit nur ein alles bestimmendes Thema: Corona. Wir hören täglich von weltweit steigenden Opferzahlen, sehen Bilder aus Italien von LKW-Konvois, die Särge abtransportieren. Über die Situation in unserer Region werden wir regelmäßig in den Nachrichten informiert. Wir sind besorgt: Wird das unsichtbare Virus auch uns oder unsere Lieben infizieren? Kann die Nachricht von der Auferweckung Jesu sich trotzdem Gehör verschaffen?

Ostern hat eine Vorgeschichte: Jesus, der Menschenfreund und Liebhaber des Lebens, wurde hingerichtet. Männer und Frauen, die ihre Hoffnung auf ihn gesetzt haben, müssen nun ihre Hoffnung auf die Revolution der Liebe begraben. Aus. Vorbei. Ein geplatzter Traum.

Doch aus dem Nichts entsteht neue Bewegung – neues Leben. Die Freundinnen und Freunde Jesu glauben: Jesus ist nicht im Tod geblieben. Die Henker und Folterknechte haben nicht das letzte Wort. Jesus ist und bleibt in Gottes Hand. Gott hat ihn aufgerichtet zu einem unzerstörbaren Zeichen des Lebens. Die Sache Jesu geht weiter. Sein Geist bewegt Menschen durch die Jahrhunderte hindurch.

Paulus ist einer davon. Er warnt vor einer allzu verzagten Osterhoffnung: „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.“ Das ist eine steile Aussage. Strittig war damals in Korinth: Was bedeutet die Auferweckung Jesu für unsere Zukunft und für die Zukunft der Welt?
Einige Christen in Korinth sagten: „Seit Ostern lebt Jesus in uns. Wir haben seine Liebe in unseren Taten. Wir leben nun begeistert in seinem Sinn. Wir sind sozusagen schon mit ihm auferstanden.“

Doch Paulus erwartet mehr. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so ist das eine entschieden zu kleine Osterhoffnung. Paulus schaut sich den Gang der Welt als Ganzes an. Der Tod ist die große Macht, die alles auf dieser Erde in die Zange genommen hat. Und wenn Gott nicht den Würgegriff des Todes ein für alle Mal löst, dann kann keiner endgültig aufatmen. Wenn der Tod nicht besiegt wird, dann wird alles so weitergehen wie bisher auf dieser Erde. Paulus glaubt: Ostern ist Gottes Angriff auf den stärksten Feind, den Tod. Die Osterhoffnung reicht bis ins Epizentrum des Todes: „Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod.“

Christus ist auferstanden als der Erste, der Prototyp, der Vorreiter der Auferstehung. So wie Adam der Todestyp war, so ist Christus der Lebenstyp. Ostern ist Gottes Anzahlung auf die Endabrechnung mit dem Tod. Er hat seinen Sohn aus dem Tod herausgerissen und wird die, die zu Jesus gehören, folgerichtig auch aus dem Tod aufwecken.

Paulus‘ Osterhoffnung ist groß: Jesu Auferweckung kommt zum Ziel, wenn Christus alles besiegt hat, was Gottes-, Menschen- und Lebens-feindlich ist. Zu Ostern ist der Grundstein dafür gelegt worden, dass am Ende Gott das letzte Wort hat.

Das Ziel ist ein Leben, in dem Gott nichts mehr in die Quere kommt – keine Krankheit, kein Krieg, keine Ungerechtigkeit, keine Gewalt. Ostern ist die Morgendämmerung für diesen neuen Tag.

Daran glaube ich: Auch am Ende meines Lebens bleibe ich in Gottes Hand geborgen. Und am Ende der Zeit wird für alle sichtbar: Der Tod ist abgetreten. Gott ist auf Leben programmiert – da ist kein Platz für den Tod. Der auferstandene Gekreuzigte, das Leben und die Liebe bleiben. Dafür sorgt Gott – versprochen am Ostermorgen.