Landvolk drängt auf Abschuss von Wölfen

In Niedersachsen nimmt der Streit um den Umgang mit Wölfen an Schärfe zu. Nach neuerlichen Übergriffen auf Weidetiere drängt das Landvolk auf zügige Abschüsse nicht nur in der betroffenen Region. Der Freundeskreis freilebender Wölfe wirft dem Bauernverband Propaganda und falsche Zahlen vor.

„Vor einigen Wochen waren es 55 Schafe im Landkreis Stade, am vergangenen Wochenende über 20 Schafe direkt am Wohngebiet im Kreis Harburg und ein paar Tage später wurden im Stader Stadtgebiet sogar zwei Rinder vom Wolf gerissen“, sagten Landvolk-Vize Jörn Ehlers und Gina Strampe vom Aktionsbündnis Aktives Wolfsmanagement am Donnerstag. Es sei sofortiges Handeln erforderlich, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Das sei nicht nur für die Weidetiere überlebensnotwendig, sondern auch ein Zeichen für die Bevölkerung, die durch diese schlimmen Übergriffe zunehmend beunruhigt sei.

„Herdenschutz ist gut und wichtig“ betonten Ehlers und Strampe. Aber wolfssicher einzuzäunen sei in einem Flächen- und Tourismusland wie Niedersachsen nicht überall umsetzbar. Herdenschutz und Abschüsse auffälliger Wölfe müssten selbstverständlich werden, sonst gehe die Akzeptanz in der ländlichen Bevölkerung verloren.

Die Bevölkerung im Kreis Harburg habe Angst, sagte Ehlers weiter. Die Wölfe seien nicht mehr scheu, mieden den Menschen nicht mehr, liefen durch die Dörfer und seien auf Weidetiere konditioniert: „Wir brauchen wolfsfreie Gebiete. Wo der Mensch lebt oder viel Tourismus herrscht, hat der Wolf nichts verloren.“ Die Faktenlage sei eindeutig, in Niedersachsen gebe es in 53 Territorien 50 Wolfsrudel, drei Paare und einen residenten Einzelwolf. Es seien zu viele Wölfe, „ein Miteinander geht nur mit einem aktiven Wolfsmanagement“.

Thomas Mitschke vom Freundeskreis freilebender Wölfe sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), der Halter der zuletzt am stärksten betroffenen Herde habe diese zwei Nächte lang ohne wolfsabweisenden Grundschutz stehen lassen: „Der E-Zaun in einer Höhe von nur 90 Zentimetern war gänzlich ohne Strom, und es befand sich auch kein Equipment wie eine Batterie, Stromgerät und Erdungsstäbe vor Ort.“ Es gebe nicht wenige Leute, die in der Vorgehensweise des Schäfers eine Provokation sähen. Es sollten neue schwere Rissvorfälle provoziert werden, um den politischen Druck zu erhöhen und Abschüsse von Wölfen zu ermöglichen.

Dem Freundeskreis zufolge entsprechen auch die im Monitoring der Landesjägerschaft genannten 53 Wolfsterritorien „mitnichten der Realität“. Der Jägerverband addiere vielmehr seit 2011/2012 lapidar sämtliche Territorien, in denen jemals Wölfe nachgewiesen worden seien. Mindesten 25 Prozent dieser Territorien existierten aber nicht mehr. Im Monitoring Jahr 2021/2022 habe es in Niedersachsen 34 Wolfsrudel und zehn Paare in freier Wildbahn gegeben, erklärte der Freundeskreis und berief sich auf Zahlen der Dokumentations- und
Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW): „Hier werden gezielt und mit politischem Kalkül falsche Zahlen in die Öffentlichkeit getragen und in Umlauf gebracht.“